Hungry Sharks mit "Hidden in Plain Sight" im Brut.


Foto: Grünzweil

Wien – Das war eine Überraschung. Die Urban-Dance-Gruppe Hungry Sharks hat am Wochenende den Sprung aus dem Jugendparadies des Dschungel Wien in das Versuchsfeld für zeitgenössische Performance des Brut-Theaters versucht. Und geschafft! Das neue Stück Hidden in Plain Sight des Choreografen Valentin Alfery ist ein Musterbeispiel dafür, wie Urban Dance vom Style zur Kunst mutieren kann, ohne dabei seine Frische aufzugeben.

Bereits in früheren Arbeiten wie Anthropozän und #fomo – the fear of missing out, die im Dschungel gut aufgehoben waren, wurde klar, dass die Hungry Sharks ihren virtuosen Tanz mit Inhalten aufladen können. Und das, ohne in die Falle des gut Gemeinten, aber schwach Umgesetzten zu tappen.

Hidden in Plain Sight passt bestens dazu. Hier kommt der Tanz allerdings ohne Requisiten auf die Bühne, und Alfery verzichtet auf überdeutlich erzählerische Szenen, wie sie für Jugendstücke noch durchaus passend sind.

Zwölf Tänzerinnen und Tänzer – auffallend etwa Paz Katrina Jimenez, Youngung Sebastian Kim und Mustapha Ajdour – zeigten eine Art Fortsetzung von #fomo. Diese Tanzperformance hat den sozialen Wahnsinn gezeigt, den zwanghafter Smartphone-Gebrauch zur Folge hat. Jetzt kommt die Isolation des Einzelnen im Getriebe jenes flüchtigen Socializing ins Spiel, zu dem das Web 2.0 Erwachsene wie Jugendliche treibt.

Dicht und schlüssig

Choreografisch wie tänzerisch dicht und schlüssig wird eine Gemeinschaft dargestellt, in der trotz ausgeklügelter Kommunikation keine Bindungen entstehen. Alle sind zu sehen, aber niemand wird richtig wahr- oder angenommen. Da tanzen lauter Ich-AGs und bilden dabei attraktive Muster und komplexe Soli – bei den Letzteren beweist sich Farah Deen als herausragende Tänzerin. Um Verborgenes geht es derzeit auch im Wuk bei Charlotta Ruths Treasure Hunting. Die Wienerin lädt ihr Publikum zur Schatzsuche. Klingt harmlos, ist aber ein raffiniertes Wahrnehmungsabenteuer, in dem die (Be-)Sucher via Ohrhörer und Handy durch den Wuk-Gebäudekomplex dirigiert werden. (Helmut Ploebst, 14.11.2016