Warschau – Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), der am Montag in Warschau mit seinem polnischen Amtskollegen Mariusz Blaszczak zusammentraf und der dort ansässigen EU-Grenz- und Küstenschutzagentur Frontex einen Besuch abstattete, drängt auf Ausweitung des Mandats von Frontex (siehe Wissen). Einerseits soll im Zuge der von der EU-Behörde organisierten Abschiebeflüge gewährleistet werden, dass auch abgelehnte Asylwerber von Drittstaaten mitgenommen werden.

Derzeit führt die Agentur quasi nur "Sammelflüge" im Auftrag der Mitgliedsstaaten durch, bei entsprechender Befugnis könnten aber auch Menschen, die etwa in Serbien festsitzen und keinen Asylstatus erlangt haben, mit den Frontex-Maschinen in ihre Heimatländer rückgeführt werden.

Ebenfalls ein Anliegen Sobotkas: dass die schnelle Eingreiftruppe von Frontex, die demnächst einsatzbereit sein soll, mehr als 1500 Mann bekommt – 37 davon wird aufs Erste übrigens Österreich stellen. Frontex-Direktor Fabrice Leggeri unterstützte Sobotkas Vorstoß: "Weitere Befugnisse und Ressourcen" könne man sich bei der neuen Aufgabe, etwa bei einem erneuten heftigen Flüchtlingsandrang, binnen fünf Tagen an einem bestimmten Abschnitt der EU-Außengrenze präsent zu sein, nur wünschen.

Keine "Push-backs"

Heftig zurückgewiesen wurde im Sitz der Behörde, einem modernen Glasbau in der Warschauer Innenstadt, dass Frontex jemals an sogenannten Push-backs von Flüchtlingsbooten beteiligt gewesen sei: In solche Praktiken sei man nie involviert gewesen, hieß es auf Anfrage, allenfalls die Behörden von Mitgliedsstaaten, die an der Seegrenze liegen, hätten vielleicht solche Aktionen veranlasst – und anderslautende Behauptungen von Asylwerbern konnten nie verifiziert werden.

Auffallend harmonisch lief die Begegnung zwischen Sobotka und Polens Innenminister Blaszczak ab, obwohl sich Polen mit Verweis auf seine Flüchtlinge aus der Ukraine weigert, Asylwerber, die übers Mittelmeer gekommen sind, aufzunehmen. Mit dem anvisierten Verteilsystem der Union werden noch mehr Menschen "animiert" nach Europa zu kommen, so Blaszczak – und überhaupt könne er dem australischen Modell einiges abgewinnen, nach dem Asylwerber bekanntlich auf Inseln statt auf dem Festland untergebracht werden.

Sobotka wollte Polens weiterhin beharrliche Weigerung, mehr Asylwerber aufzunehmen, jedenfalls nicht verurteilen. Außerdem bringe sich der östliche EU-Staat derzeit vorbildlich beim Grenzschutz ein, und: "Die Polen nehmen jeden Dublin-Fall zurück", im Gegensatz zu Griechenland habe es bis jetzt keine einzige Ablehnung gegeben. Aber, so mahnte Sobotka: Auf Dauer dürfe sich keine Regierung von der Flüchtlingsverteilung "freikaufen".

Unterdessen einigten sich die Visegrád-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei am Montag, ein eigenes Migrationskrisenzentrum zu schaffen. (Nina Weißensteiner, 21.11.2016)

Die Reise nach Warschau erfolgte auf Einladung des Innenministeriums.