Endlich hat die EU-Kommission das absolut wirksame Mittel gefunden, um Europa gegen internationale Terroristen und unerwünschte Zuwanderer zu sichern: Sie wird elektronische Reisegenehmigungen einführen. Wer einreisen will, muss zunächst zehn Minuten lang einen Fragebogen wahrheitsgemäß online ausfüllen und dann mit Kreditkarte bezahlen.

Die Idee ist ebenso einfach wie bestechend: Wer immer nach Europa kommen will, füllt aus. "Sind Sie Terrorist?" – "Ja" – und schon ist der Sack zu. "Haben Sie einen Fluchtgrund gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention?" – "Nein" – und wieder ein Problemfall weniger. "Sind Sie eh schon aus Europa ausgewiesen?" "Na also." "Sind Sie krank?" – "Hier der Link zur Ärzteliste und zur diensthabenden Apotheke samt Anfahrtsapp".

Man hat sich das von den USA abgeschaut, wo dieses System ja schon seit Jahrzehnten jegliche illegale Zuwanderung aus Mexiko ebenso erfolgreich unterbindet wie die Gefahr, dass sich einreisende Illegale bewaffnen und haufenweise in den Südstaaten Schwarze niederschießen.

Es ist allerdings zu hoffen, dass im Zuge der effizienten Vorbereitung die bewährten und erfahrenen Migrationspraktiker in Brüssel nicht auf halbem Weg steckenbleiben. Das System hat nämlich noch viel mehr Potenzial als angekündigt: Man kann eine Fragenbatterie zu den Gründen der Einreise anhängen, die haarklein auch alle Flüchtlingsfragen abdeckt: "Sind Sie noch im Folterland oder schon in einem Drittstaat", "werden Sie aus politischen, rassischen ... Gründen verfolgt (Zutreffendes ankreuzen)", "von wem, wann, wo und wie oft?", oder: "Fliehen Sie bloß aus wirtschaftlichen Gründen?" etc., etc. Am Ende werden die Punkte aus der Untertabelle zusammengezählt, und schon kommt ein positiver oder abschlägiger Bescheid aus dem Drucker. Somit wird auf bequeme und moderne Weise der Verwaltungsauftrag für Illegale umgesetzt: "Weisen Sie sich bitte aus." Sofa-Asyling gewissermaßen, um einen Begriff der Finanzdienstleistung zu verwenden.

Und sollte jemand beim Formularausfüllen lügen, hat man ihn erst recht: Es ist alles Bit für Bite dokumentiert, da hilft dann kein Leugnen und keine Berufung auf Traumatisierung bei der Einvernahme mehr. Hier steht es, und Sie haben das selber ohne jeden Zwang "bequem" (O-Ton Kommission) zu Hause unterschrieben.

Die Daten werden zentral verarbeitet. Ist zwar viel Aufwand, denn nach Eurostat sind zwölf Prozent der 900 Millionen in Europa übernachtenden Touristen Ausländer – aber 100 Millionen Datensätze schafft der neue Computer Etias locker. Bei geschätzten zehn Prozent Überprüfungsfällen sind das dann nur mehr zehn Millionen händische Checks, ob jemand Terrorist oder Wirtschaftsflüchtling ist.

Das kriegt ein erfahrener Fremdenpolizist in einer Stunde raus, macht 1.250.000 Arbeitstage, also ein Amt mit 8000 Leuten am Computer und 2000 im Support. Sollten wir nach Österreich kriegen, die Hütte, denn das schafft viele gute Arbeitsplätze. Bei einem Ticketpreis von fünf Euro pro fünf Jahre haben wir dafür auch 100 Millionen Euro Budget jährlich zur Verfügung, damit kann man locker 2000 Beamte bezahlen (oje, da geht sich was nicht aus, aber das wird man wie immer in der EU durch den seit dem Bosnienkrieg bewährten, gerechten Aufteilungsschlüssel ausgleichen).

Und für diejenigen Menschen, die offline an die Grenze kommen, gibt's noch ein Zusatzfeature am Ende des Fragenprogramms in der Selfservice-Kabine vor dem Schranken. Bei Rotlicht erscheint die Joker-Option: "Sind Sie bereit, sofort den Dienst bei Frontex anzutreten und sicherzustellen, dass Sie aber wirklich der letzte unberechtigte Einwanderer sind?" Das ist ebenso wirksam wie effizient, denn die Leute sind hoch motiviert und gehaltsmäßig sehr billig, weil sie wissen, dass sie beim nächsten Illegalen in ihrem Kontrollabschnitt auch schon wieder entlassen und draußen sind.

Solange wir also Fachleute wie den griechischen in Visafragen erfahrenen Ex-Konsul Dimitris Avramopoulos in der Europäischen Kommission haben, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Und er weiß auch wirklich, wie man erfolgreich Europas Rechtspopulisten vorbeugt. (Manfred Matzka, 22.11.2016)