Was ist beim Pitchen wichtig? Lisa Fassl (rechts) sagt, man müsse vor allem das Grundprinzip verinnerlichen, relevante Inhalte schnell und einprägsam zu vermitteln, um damit das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Das sei nicht nur bei Pitches auf der großen Bühne wichtig, sondern ebenso bei alltäglicheren Dingen wie dem Verfassen von E-Mails.

Foto: female founders

Ein guter Pitch ist in der Start-up-Welt die halbe Miete, denn der Kurzvortrag öffnet Tür und Tor zu Investoren, Mentoren und anderen Unterstützern für die eigene Idee. Diese in nur wenigen Minuten zu präsentieren ist alles andere als einfach – das weiß auch Lisa Fassl. Sie ist Geschäftsführerin der der 2012 gegründeten Non-Profit-Organisation Austrian Angel Investors Association (AAIA). Mit 180 Mitgliedern agiert die Organisation als nationale Interessenvertretung von Business Angels und Angel Investors. Daneben gründete Fassl gemeinsam mit Tanja Sternbauer und Nina Wöss die Female Founders, um mehr Frauen in die männlich dominierte heimische Start-up-Szene zu bringen. Dort werden Frauen vernetzt und mit nützlichen Tipps versorgt. Bei den so genannten "Pitching Nights" können die Geschäftsideen in kleinem Rahmen erstmals präsentiert werden, die Female Founders geben Feedback.

Worauf kommt es also an in den wenigen Minuten, in denen man Publikum oder Investoren von der eigenen Idee überzeugen will? Im Gespräch mit dem STANDARD erklärt Fassl das Einmaleins des Pitchens:

STANDARD: Wie erklären Sie jemandem, der noch nie von einem Pitch gehört hat, was das ist und warum man das können sollte?

Fassl: Ein Pitch ist in Wirklichkeit nichts anderes als eine kurze, knackige Präsentation. Dabei sollen in kurzer Zeit die wichtigsten Informationen zum Projekt beziehungsweise Unternehmen vermittelt werden – und zwar so, dass die Infos möglichst verständlich, nachvollziehbar und relevant für die Zuhörer sind. Gleichzeitig soll beim Gegenüber Interesse geweckt werden, sodass die Person noch weitere Details wissen will. Dementsprechend sollte man die Präsentation an das Publikum und an die jeweilige Zielsetzung anpassen. Was konkret bedeutet, dass ein Pitch vor einem Kunden anders aufgebaut sein muss als vor einem Investor. Pitchen im klassischen Sinn muss man nicht notwendigerweise können, vielmehr sollte man das Grundprinzip dahinter verinnerlichen: relevante Inhalte schnell und einprägsam zu vermitteln, um damit das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Das ist nicht nur bei Pitches auf der großen Bühne wichtig, sondern ebenso bei alltäglicheren Dingen wie – um ein ganz simples Beispiel zu nennen – dem Verfassen von E-Mails.

STANDARD: Was sind die wichtigsten Punkte, die man beachten muss?

Fassl: Es gibt ein paar Grundregeln. Dazu gehört voran die Überlegung, vor wem man pitcht und was man mit dem Pitch erreichen will. Darauf aufbauend sollte man sich eine logische Struktur überlegen, eine Storyline. Was bedeutet, dass eine für den Zuhörer nachvollziehbare Geschichte mit einem roten Faden erzählt werden soll. Viele Start-ups stellen zum Beispiel dar, wie sie auf ihre Geschäftsidee gekommen sind und welches Kundenproblem damit gelöst wird. Oft kommen die Ideen aus persönlicher Betroffenheit, das kann das Publikum gut nachvollziehen. Ansonsten – und das ist viel leichter gesagt als getan – ist es wichtig, authentisch zu bleiben, gerade vor Investoren. Es ist weder notwendig, seinen Pitch komplett auswendig zu lernen und auf den Strichpunkt genau hinunterzubeten, noch seinen Dialekt zu verbergen. Am Ende kommt es nämlich vor allem darauf an, als Person oder als Team zu überzeugen und das Gefühl zu vermitteln, dass man voll und ganz hinter seiner Idee steht und die Fähigkeiten und Motivation mitbringt, das Projekt umzusetzen.

STANDARD: Gibt es auch absolute No-Gos?

Fassl: Abgesehen von offensichtlichen No-Gos wie bewussten Falschinformationen und schlecht aufbereiteten Präsentationen sollte man darauf achten, immer einen Call to Action an das Publikum zu richten. Also aufzuzeigen, was man von den Zuhörern möchte oder braucht, und auch – das vergessen leider immer noch einige – Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen.

STANDARD: Erinnern Sie sich an Ihren ersten Pitch?

Fassl: Das war im Zuge einer Lehrveranstaltung an der Uni Graz. Damals mussten wir im Team eine Geschäftsidee entwickeln, einen ausführlichen Businessplan verfassen und am Ende unser Konzept vor einer externen Jury pitchen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nichts mit der Start-up-Szene zu tun und auch noch nie einen Pitch live gesehen, geschweige denn selbst gepitcht. Deshalb ist uns die Planung relativ schwergefallen und am Ende leider eher eine klassische Uni-Präsentation geworden. Aufregung war weniger da, weil es ja "nur" um einen Uni-Kurs gegangen ist und wir nie den Wunsch hatten, unsere Idee tatsächlich umzusetzen. Als ich dann später Projekte gepitcht habe, die mir wirklich am Herzen lagen, in die ich sehr viel Energie investiert hatte und von denen ich fest überzeugt war, ist immer Nervosität dabei gewesen – das hat sich bis heute nicht geändert. Diese Aufregung ist aber ganz natürlich und Beweis dafür, dass einem die Sache wichtig ist und man seine Chance nutzen will.

STANDARD: Sie sitzen auch öfter auf der anderen Seite und bewerten Pitches. Wie gehen Sie da vor? Gibt es ein bestimmtes Muster?

Fassl: Das hängt tatsächlich immer vom jeweiligen Eventformat und den Kriterien ab, die vorab für die Bewertung definiert wurden. In manchen Settings ist es sinnvoll, die Präsentation stärker zu gewichten als die Idee, bei anderen Events sind andere Kriterien viel wichtiger. Allgemein sind neben der Geschäftsidee und der tatsächlichen Präsentation in der Regel das Geschäftsmodell, die Innovationskraft, das Marktpotenzial und die Skalierbarkeit klassische Kriterien für die Bewertung. Was aber ganz klar ist: Die Bewertung der genannten Kriterien hängt direkt mit dem Pitch zusammen. In vielen Fällen ist er die Grundlage für die Bewertung dieser Kriterien, weshalb die Qualität implizit Einfluss auf den Gesamteindruck hat. Bewertet wird daher oft das Komplettpaket, weshalb sich ein schlechter Pitch durchaus negativ auswirken kann, vor allem auf ein Kriterium, das besonders schwer zu bewerten, gleichzeitig aber wirklich bedeutend ist: das Team. Gerade für Investoren ist das Team ein entscheidender, wenn nicht sogar der wichtigste Faktor. Die Kompetenzen, Motivation und Eignung des Teams überzeugend darzustellen ist die Kür.

STANDARD: Was halten Sie von den momentan beliebten Pitch-Sendungen im Fernsehen? Diese stehen in der Kritik, nichts als eine Werbemaschine zu sein.

Fassl: Auch wenn die Meinungen dazu auseinandergehen, muss man klar festhalten, dass Sendungen wie "2 Minuten 2 Millionen" oder "Die Höhle der Löwen" einen immens großen Beitrag zur Bekanntheit der Start-up-Szene geleistet haben. Start-ups beziehungsweise allgemein das Thema Unternehmertum haben damit zur besten Sendezeit eine Bühne im TV bekommen und endlich auch Menschen erreicht, die sonst nie einen Berührungspunkt damit hatten. Die Thematik ist damit greifbarer geworden, die Figur des Unternehmers nun auch für viele junge Menschen positiver besetzt. Gleichzeitig haben auch Einzelne von ihren Auftritten profitiert und ihre eigene Bekanntheit wiederum in eine positive Dynamik für das gesamte Start-up-Ökosystem verwandelt. Natürlich gehört ein Unterhaltungswert dazu, das liegt in der Natur der Sache. In der Realität werden finale Investitionsentscheidungen nicht anhand eines zweiminütigen Pitches getroffen. Ein Pitch ist eher der Ausgangspunkt für einen mehrphasigen Prozess, an dessen Ende noch viel zu selten tatsächliche Beteiligungen stehen.

STANDARD: Warum gibt es so wenige Frauen in der Start-up-Szene – und was tun Sie als Female Founders dagegen?

Fassl: In der Start-up-Szene an sich sind es nicht mehr ganz so wenige. Allerdings sehen wir, dass Frauen oft klassische Rollen übernehmen, beispielsweise Marketingpositionen, oder in Organisationen mitarbeiten, die das Start-up-Ökosystem weiterentwickeln. Wenn wir nach tatsächlichen Gründerinnen suchen, ändert sich das Bild schon deutlich: Anhand unterschiedlicher Studien lässt sich die Frauenquote hier wohl zwischen zehn und 15 Prozent einordnen. Im Vergleich dazu entfallen bei den von der WKO erfassten Neugründungen mehr als 50 Prozent auf Frauen. Da Start-ups per Definition von Innovation und damit einhergehend Technologie geprägt sind, scheint hier eine Ursache zu liegen. Diese lässt sich wiederum auf stereotype Ausbildungswege und traditionelle Rollenbilder und Sozialisationsmuster zurückführen. Mit Female Founders wollen wir genau diesen Umstand adressieren und Frauen mit Rolemodels zusammenbringen. Daher veranstalten wir seit Mai regelmäßig unterschiedliche Events – von informellen Abendveranstaltungen, bei denen Gründerinnen Rede und Antwort stehen, bis zu zu Pitch Nights, bei denen "women only" für Bühne und Jury gilt. Im nächsten Jahr werden wir unsere Services auf Basis des University Female Founders Report, der Mitte Dezember veröffentlicht wird, weiter schärfen und verstärkt mit anderen Organisationen im Start-up-Ökosystem zusammenarbeiten, um Synergien entsprechend zu nutzen. (Lara Hagen, 25.11.2016)