Der für Schienennetz, Bahnhöfe und Bahnausbau zuständige ÖBB-Teilkonzern ÖBB-Infrastruktur bekommt eine neue Chefin. Sie kann sich die Hoffnung auf eine Millionensteuergutschrift abschminken.

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Wien – Mit dem Budgetbegleitgesetz 2017, das vorige Woche beschlossen wurde, hat der Nationalrat ein jahrelang schwelendes Problem diskret bereinigt: Der für Ausbau und Betrieb des Schienennetzes zuständige ÖBB-Teilkonzern ÖBB-Infrastruktur muss weiterhin jährlich 25 bis 30 Millionen Euro in den Familienlastenausgleichsfonds (Flaf) einzahlen und bekommt die seit 2005 zu viel bezahlten Beiträge im Volumen von rund 300 Millionen Euro auch nicht zurück.

Um dies zu bewerkstelligen, hat das Parlament einen in der Rechtsprechung verpönten Kunstgriff angewandt: "Im Familienlastenausgleichsgesetz wird – rückwirkend mit 2005 – klargestellt, dass sich die im Paragrafen 50 Bundesbahngesetz normierte Steuerbefreiung für die ÖBB-Infrastruktur AG nicht auf den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bezieht", so die via Parlamentskorrespondenz verlautbarte Begründung.

Kritik am Gesetz

Wiewohl sich die Oppositionsparteien gegen eine Befreiung der ÖBB-Infra von Flaf-Beiträgen aussprechen – der ÖBB-Personenverkehr gehört bei Schüler- und Lehrlingsfreifahrten mit 325 Millionen Euro zu den großen Nutznießern des Flaf –, Art und Zeitpunkt der Reparatur stoßen Abgeordneten von Neos und Grünen aber sauer auf. "Grenzwertig bis verfassungswidrig" sei das, so die Kritik.

Hintergrund, der vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts abgesegneten rückwirkenden Lösung: Die Finanz hätte im Fall einer Rückforderung der Flaf-Beiträge durch die ÖBB überaus schlechte Karten. Denn beim Unabhängigen Finanzsenat (UFS) ist das Finanzamt ebenso abgeblitzt wie beim Bundesfinanzgericht.

Höchstgericht sah keine Besserstellung

Über die Gründe für die Niederlage des Bundes kann man nur mutmaßen, denn die Sprüche von UFS und Finanzgericht sind auf Findoc nicht abrufbar. Von einer Veröffentlichung kann der Staat dann absehen, "wenn durch diese wesentliche Interessen von Parteien beeinträchtigt werden", sagt ein Verwaltungsrechtler, der nicht genannt werden will.

Aufschlussreich ist freilich der Spruch des Verfassungsgerichtshofs, der vom Bundesfinanzgericht bemüht wurde. Das Höchstgericht sprach sich im Dezember 2014 klar gegen eine Änderung des Bundesbahngesetzes zulasten der ÖBB aus. Die Abgabenbefreiung der ÖBB-Infra hinsichtlich des Dienstgeberbeitrags zum Flaf stelle "keine ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber anderen Dienstgebern dar". Sie sei aufgrund des gegebenen öffentlichen Interesses sogar sachlich gerechtfertigt, beschied der VfGH und wies den Antrag des Bundesfinanzgerichts ab. Nun wurde Amtsrevision erhoben, und die Causa liegt beim Verwaltungsgerichtshof.

Betriebsprüfer wurden fündig

Aufs Tapet gekommen ist der Fall übrigens zufällig bei einer Betriebsprüfung der Jahre 2005 bis 2009. Denn die Flaf-Zahlungen mindern die Körperschaftssteuern, die die ÖBB-Infra zahlen muss. In der ÖBB, die von einer Flaf-Rückzahlung erheblich profitiert hätte, will die politisch brisante Causa niemand kommentieren. Man werde die Abgaben künftig wie in der Vergangenheit leisten, teilte ein Sprecher mit.

Der Aufsichtsrat der ÖBB-Infra hat am Montag die bereits vorige Woche entrierte Besetzung des seit einem halben Jahr vakanten Chefsessels der ÖBB-Infra fixiert: Auf den an die ÖBB-Holding-Spitze gewechselten Andreas Matthä folgt die Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik in der Arbeiterkammer, Silvia Angelo (47). Sie war früher SPÖ-Klubsekretärin und im ÖGB. (Luise Ungerboeck, 29.11.2016)