Im März 2015 wurde der Anschlag für den Bahntunnel unter dem Brennermassiv zelebriert. Jetzt kommt der Bau in die Gänge und die Kosten steigen.

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Wien – Die drei Megabahntunnelprojekte bringen ab 2017 einen kräftigen Schub für die Schulden von Staat und Bahn. Die staatlichen Investitionen in die umstrittenen Röhren unter Koralpe, Semmering und Brennermassiv steigen von 701,5 Millionen Euro im kommenden Jahr auf je 1,3 beziehungsweise 1,2 Milliarden in den Jahren 2020 bis 2022. Das geht aus der sogenannten Infrastrukturbeilage hervor, die dem Budgetausschuss des Nationalrats im Oktober vorgelegt wurde.

Das ist aber nur ein Teil der veranschlagten Kosten des Bahnausbaus. Hinzu kommen noch jährlich 380 bis 593 Millionen Euro, die in "Einzelprojekte" wie Pottendorfer Linie, Marchegger Ast, Westbahnstrecke (zwischen Linz und Wels) fließen sowie diverse Bahnhofsmodernisierungen. Inklusive Mobilfunkausbaus entlang der Bahn und Zugsicherungs- und -beeinflussungssystemen (ETCS), Park-and-ride-Anlagen und Erneuerungen im ÖBB-Bestandsnetz belaufen sich die Investitionen auf 1,85 bis 2,8 Milliarden Euro pro Jahr, wobei davon allein 600 bis 700 Millionen in die Erhaltung des Schienennetzes fließen.

1,2 Milliarden pro Jahr

Dementsprechend steigen die sogenannten Annuitätenzuschüsse des Bundes, die die ÖBB braucht, um die Anleihen bedienen zu können, mit denen der Staat diese massive Bautätigkeit finanziert. Fand die Staatsbahn vor zwei Jahren noch mit 70 bis 75 Prozent Zuschuss das Auslangen, muss der Bund ab 2017 bereits 80 Prozent der Annuitäten übernehmen. In absoluten Zahlen stiegen diese Investitionszuschüsse von 614 (2014) auf heuer 700 Millionen Euro. 2017 sieht das mit dem Bundeshaushalt 2017 beschlossene Vorbelastungsgesetz 786 Millionen Euro vor, die bis zum Ende des aktuellen ÖBB-Rahmenplans 2022 auf 1,22 Milliarden Euro pro Jahr steigen (siehe Grafik).

Ganz sicher ist sich bezüglich der Aussagekraft der Zahlen freilich selbst der Budgetdienst des Parlaments nicht. Er verweist in seiner Analyse auf Ungereimtheiten: Die Werte für 2016 und 2017 aus dem Budgetbericht stimmten mit jenen des Bundesvoranschlags nicht überein, merkte der Budgetdienst lapidar an. Ähnliche Kritik kommt auch von der Opposition. Sie urgiert seit Jahren erfolglos eine nachvollziehbare Darstellung des ÖBB-Finanzierungsdickichts, wie es bei den Grünen heißt.

Tunnels kommen in die Gänge

Insgesamt sind laut Verkehrskapitel im Budget 2017 und ÖBB-Rahmenplan 2017-2022 für die Bahn 15,2 Milliarden Euro an Bauinvestitionen vorgesehen, davon 2,5 für den Brennerbasistunnel, der somit geldmäßig langsam in die Gänge kommt und ab 2019 pro Jahr eine halbe Milliarde Euro verschlingt. Für die Koralmbahn ist bis 2022 mit 2,3 Milliarden Euro kaum weniger veranschlagt. In den Semmeringbasistunnel fließen demnach 1,7 Milliarden Euro.

Dabei war schon die Ausgangslage vor dem Beschluss des neuen Haushalts auf hohem Niveau: Allein seit 2007 wurden 16,8 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten angehäuft (die alten ÖBB-Schulden sind darin nicht inkludiert), mit denen künftige Budgets kräftig vorbelastet sind. Sie werden bis 2022 aufgedoppelt, werden sich dann auf knapp 34 Milliarden Euro belaufen. Zuzüglich der insgesamt 8,7 Milliarden Euro an Beihilfen für den laufenden Betrieb und die Erhaltung des ÖBB-Schienennetzes (ohne sie fährt kein Zug in Österreich) sind es 42,7 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten. Um diesen stetig wachsenden Schuldenberg abzutragen, wird es bis zum Jahr 2071 dauern, rechnet der parlamentarische Budgetdienst vor. Da der Bahnausbau aber auch 2022 bei weitem noch nicht abgeschlossen sein wird, ist gemäß dieser Auflistung das Ende der Fahnenstange auch 2071 noch nicht erreicht.

Stichwort teurer: Der Brennerbasistunnel wurde im Budgetausschuss auf 8,7 Milliarden Euro taxiert (Preisbasis 2016). Dies entspreche rund zehn Milliarden Euro zu laufenden Preisen (inklusive Vorausvalorisierung). 2007, vor Errichtungsbeschluss, war noch von sechs Milliarden die Rede gewesen. (Luise Ungerboeck, 30.11.2016)