Sie tragen Namen wie GFS-Stars, Danleos oder Waldviertler Bullenfans, sind geschickt mit ihren Fingern und können die Stimmen von Wolff-Christoph Fuss und Frank Buschmann nicht satt kriegen – na ja zumindest im Rahmen der Meisterschaft: "Zu Hause drehen wir die Kommentatoren schon manchmal ab, aber hier beim Turnier stört es überhaupt nicht", gibt ein Teilnehmer an der "Lugner Kino Fifa17-Meisterschaft", die heuer zum zweiten Mal in den Kinosälen des am Gürtel gelegenen Einkaufszentrums stattfindet, an.

Meisterschaft über acht Monate

Das Besondere am Turnier sind der Modus und der Austragungsort. "Die meisten Turniere finden im kleinen Rahmen statt, meistens an einem oder zwei Tagen, und die Örtlichkeiten sind manchmal die Keller von Freunden. Das hier ist schon eine andere Dimension," sagt Owen. Der 24-jährige Biologiestudent tritt heuer gemeinsam mit seinem Bruder Osazuwa unter dem Teamnamen "GFS-Stars" zum ersten Mal bei einem so großen Turnier an. Dafür mussten sie sich – genauso wie zehn andere Teams – einer Vorqualifikation stellen. Als Titelverteidiger war das Team "FIFA Schänder" schon gesetzt.

Die Elf für die Meisterschaft qualifizierten Teams treffen sich einmal im Monat an einem Samstagvormittag und spielen fünf Meisterschaftsspiele. "Wir tragen die Meisterschaft in vier Kinosälen aus. Sie dauert acht Monate und jede Mannschaft absolviert insgesamt 40 Spiele. Heuer ist das Niveau sehr hoch und die Titelverteidiger werden es sehr schwer haben," so der Geschäftsführer des Lugner-Kinos Richard Baumgärtner.

Die Titelverteidiger, die Herausforderer und der Favoritenschreck

Apropos Titelverteidiger. Die beiden Studenten Matthias und Phillip vom Team "FIFA Schänder" sind sich zwar ziemlich sicher, dass sie auch heuer das Turnier gewinnen werden; nach den ersten beiden Spieltagen liegen sie aber nur auf Platz zwei. Die Gründe dafür tragen die Namen "Danleos" und "GFS-Stars", das Team rund um die beiden Brüder Owen und Osazuwa.

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Während "Danleos" die Tabelle nach zehn gespielten Spielen anführt und sich als der Hauptherausforderer vom Team "FIFA Schänder" herauskristallisiert hat – sie besiegten "FIFA Schänder" am Ende des zweiten Spieltages mit 4:1, müssen sich die Jungs vom Team "GFS-Stars" derzeit mit der Rolle des Favoritenschrecks abfinden. Sie bezwangen zwar "Danleos" und die "FIFA-Schänder" konnten ihre Leistung aber in den anderen Spielen nicht immer abrufen und so liegen sie derzeit auf Platz vier der Tabelle.

Der verschollene Schalke-Spieler

Der eigentliche Star des Turniers hätte aber jemand anderer werden sollen. Das einzige Problem dabei: Er tauchte nie auf. "Das ist natürlich schade, dass er obwohl er es uns vergewisserte nicht beim Turnier bisher angetreten ist. Er ist ein sehr guter Spieler und hat vor kurzem einen Vertrag beim FC Schalke 04 unterschrieben," sagt der enttäuschte Organisator des Turniers Baumgärtner.

eSports – auf dem Weg zum Profi-Sport?

Wie jetzt, könnten sie sich denken. Warum sollte überhaupt ein Profispieler, der gerade bei einem der größten deutschen Fußballklubs einen Vertrag unterschrieben hat, am Wochenende nach Wien kommen und dort Playstation zu spielen.

Nun, es handelt sich um die eSports-Abteilung des deutschen Traditionsclubs. Ja, so was gibt es wirklich. Der erste Verein, der diesen Schritt weltweit wagte, war der deutsche Club Vfl Wolfsburg. Mittlerweile haben es zahlreiche Fußballvereine ihnen nachgemacht und so unterhalten viele bekannte Fußballclubs ihre eSports-Abteilungen.

Wieviel die eSports-Spieler verdienen, ist streng geheim. "Die Spieler haben in ihren Verträgen meistens eine Klausel, die es ihnen verbietet über die Summen zu sprechen. Aber mir hat ein Freund zugesichert, dass er davon leben kann," sagt Phillip.

Verschläft Österreich einen Trend?

Und was ist mit den österreichischen Vereinen? "Rapid und Austria scheinen noch nicht so weit zu sein. Eigentlich schade, denn es gibt viele gute Spieler aus Österreich, die dann eben für ausländische Vereine spielen," beklagt der Jus-Student Phillip.

Doch im Hintergrund arbeiten geschäftstüchtige Unternehmer an einem Plan, um auch in Österreich eSports massentauglicher zu machen, sowie die Akzeptanz für die Spieler innerhalb der Gesellschaft zu erhöhen. "Es ist etwas im Entstehen. Ich kann noch nicht zu viel verraten, aber in Österreich und im ganzen deutschsprachigen Raum wird sich, wenn die Verhandlungen alle gut verlaufen, diesbezüglich in den nächsten paar Monaten alles grundlegend verändern," sagt etwas großspurig eine in die Verhandlungen involvierte Person, die derzeit jedoch noch anonym bleiben möchte.

Traum von gefüllten Kinosälen bei eSports-Großereignissen

Die meisten Spieler beim Turnier würden gerne ihr Lieblingsspiel professionell spielen. Einige hoffen durch Mundpropaganda oder per Zufall bei Turnieren von Vereinen entdeckt zu werden, andere nutzen zusätzlich die Social Medias, um auf sich aufmerksam zu machen. "Ich habe vor kurzem einen Youtube-Channel unter dem Namen UncleYoussef gestartet. Dort zeige ich alles rund um meine Fifa17-Aktivitäten. Natürlich erhoffe ich mir dadurch auch Vereine auf mich aufmerksam zu machen," so Phillip.

Aber auch die Veranstalter träumen groß. "Unser Ziel ist es einmal eine europaweite Meisterschaft in allen Kinosälen zu streamen," offenbart Baumgärtner seine langfristigen Ziele. Derzeit verirren sich trotz freiem Eintritt nur wenige Zuseher in das Kino. Da die heurige Meisterschaft aber sehr spannend ist, könnte sich das bei den nächsten Spieltagen vielleicht ändern. Die Spieler würde es jedenfalls freuen. "In einem Kinosaal vor einer so großen Leinwand zu spielen ist schon besonders. Wären die Kinosäle mit Publikum gefüllt, wäre das natürlich noch ein etwas anderes Feeling," sagt UncleYoussef aka Phillip. (Siniša Puktalović, 30.11.2016)