Foto: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht

2012 hat Roland Düringer das traditionelle Wohnen an den Nagel gehängt. Seither wohnt der Kabarettist in einem 28 Quadratmeter großen Holzwohnwagen bei Böheimkirchen und schmiedet darin Überlebenskonzepte.

"Begonnen hat alles ganz klassisch und spießig. In der Nähe von Böheimkirchen habe ich ein halbfertig renoviertes Haus gefunden. Es war in einem 'So la la'-Zustand. Dank der Visa-Werbung habe ich damals ganz gut verdient, also habe ich beschlossen, das Haus zu kaufen, es zu Ende zu renovieren und mit der Family einzuziehen. Dann habe ich noch eine Holzhalle für meine Autos und Motocross-Maschinen angebaut, einen Swimmingpool in den Garten gesetzt, halt alles, was man glaubt, zu brauchen, und mit der Geburt meiner Tochter war meine Welt heil und vollendet.

Roland Düringer in seinem Holzwagen, wo er, wie er sagt, alles hat, was er benötigt.
Foto: Lisi Specht

Dachte ich mir! Doch eines Tages kam mir der Gedanke: So ein riesengroßes Haus ist verdammt viel Arbeit! Es macht einen Unterschied, ob du eine Türschnalle hast, die kaputt werden kann – oder 25 Türschnallen, die du irgendwann einmal reparieren musst. Und ich habe gemerkt, dass mich 25 Türschnallen zum Sklaven meines eigenen Hauses gemacht haben. Das wollte ich nicht mehr. Eines Tages hab ich zu meiner Frau Regine gesagt: Du, weißt du was? Am liebsten würde ich im Garten eine Hütte hinstellen und dabei zuschauen, wie das Haus verfällt! Dann hätte ich ein entspanntes Leben. Ich weiß, das klingt verrückt. Ist es wahrscheinlich auch. Aber es beschreibt ganz gut das Gefühl, das ich damals hatte.

Und so habe ich Ende 2012 diesen Holzwagen gekauft. Der Wohnwagen hat an die 28 Quadratmeter, ist kuschelig und knapp bemessen und hat alles, was man zum Leben, Wohnen und Schreiben braucht. Und wahrscheinlich wäre auch das noch zu reduzieren. Die Küche ist klein, aber praktisch eingerichtet. Außerdem gibt es einen kleinen Wohnbereich, einen Schlafplatz und ein Bad mit Dusche und Trocken-WC.

Das Gefühl, Teil eines lebenden Organismus zu sein: So beschreibt Roland Düringer das Dasein in seinem Garten.
Fotos: Lisi Specht

Die Bauweise ist ganz simpel. Das ist ein ganz normaler Wagen mit Deichsel und vier Rädern, der – sobald er fix eingeparkt ist – auf ausklappbare Stelzen gestellt wird. Das Bad befindet sich in einem Erker, den man rein- und rausschieben kann, am Dach gibt es Sonnenkollektoren und Fotovoltaik, die mich mit Strom und Warmwasser versorgen, und zu guter Letzt habe ich darüber ein großes Holzdach errichtet, damit ich den Vorbereich des Wagens auch bei Schlechtwetter nutzen kann. Das war's. Kostenpunkt: 50.000 Euro.

Und im Gegensatz zum großen Haus nebenan, das ich nur noch selten nutze, wenn wir beispielsweise Besuch von Freunden und Familie haben, bin ich hier unten im Wohnwagen komplett autark. Ich hänge an keinem Netz und brauche mich um nichts zu kümmern. Plan A ist, dass alles so bleibt, wie es ist. Das ist und wäre wunderbar. Plan B jedoch ist, dass die heile Welt, wie wir sie heute kennen, eines Tages eine andere sein wird.

Fotos: Lisi Specht

An diesem Plan B arbeite ich jetzt schon seit zehn Jahren. Der Wagen ist nur ein Teil davon. Darüber hinaus umfasst der Plan gewisse Kompetenzen, die ich mir angeeignet habe. Ich weiß, wie man Obst und Gemüse anbaut, ich habe ein Stück Wald, der mich mit Holz zum Heizen versorgt, und ich habe das Jagdhandwerk erlernt, damit ich weiß, wie ich ein Tier töten und verarbeiten kann. Das ist das, was ich als Daseinsmächtigkeit bezeichne. Das ist das, was wir in Zeiten, in denen immer alles besser und besser geworden ist, immer mehr und mehr verlernt haben.

Unter der Oberfläche des Wohlstands lauert der Schatten der Konsumgesellschaft. Man muss sich nur die jüngsten politischen, ökonomischen und ökologischen Entwicklungen anschauen. Sie verheißen nichts Gutes, und so möchte ich in einer Krise von meinen eigenen Broccoli und Zucchini leben können. Ich hoffe jedoch stark, dass dieses Szenario niemals eintreten wird. Daher erfreue ich mich an dem, was ist, an der Natur und am Leben rund um mich. Der Garten gibt mir Ruhe und Kraft. Er gibt mir das Gefühl, Teil eines lebenden Organismus zu sein.

Den Großteil habe ich bereits vor vielen Jahren angelegt, ich bin mit dem Bagger herumgefahren und habe Löcher gegraben, Hügel aufgeschüttet und Teiche gebaut. Ab und zu krieg ich Besuch von Hasen, Igeln und Rehen. Es ist ein schöner Platz, denn er ist real und nicht virtuell. Er lebt." (Wojciech Czaja, 6.12.2016)