Ermittler vor dem Tatort in der Marktgemeinde Böheimkirchen.

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St. Pölten – Viele Fragen waren am Donnerstagabend noch offen, darunter auch das Warum. Den Ermittlungen des Landeskriminalamts Niederösterreich zufolge dürfte sich in der Marktgemeinde Böheimkirchen nahe der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten ein sogenanntes Familiendrama zugetragen haben; sechs Menschen sind tot, darunter drei Kinder. Ihre Leichen wurden am Donnerstag in einem Einfamilienhaus gefunden, weil der Arbeitgeber eines der Opfer Alarm geschlagen hatte. Auch Nachbarn war aufgefallen, dass es so ruhig war in den vergangenen Tagen, die Kinder der erst vor etwas mehr als einem Jahr zugezogenen Familie waren weder zu sehen noch zu hören gewesen.

Pistole gehörte Mutter

Eine 35-jährige Frau dürfte ihre Mutter, ihren Bruder, ihre drei Kinder – zehnjährige Zwillingssöhne und eine siebenjährige Tochter – und anschließend sich selbst erschossen haben. Die Tat wurde vermutlich bereits vor mehreren Tagen begangen. In der Schule soll die Mutter davor angekündigt haben, dass die Kinder dem Unterricht fernbleiben werden. Die Schusswaffe, eine Pistole, soll die Mutter der mutmaßlichen Täterin legal besessen haben.

Eine offizielle Bestätigung dafür, dass es sich um ein länger geplantes Verbrechen handeln könnte, gab es seitens der Staatsanwaltschaft bis Donnerstagabend nicht. Michaela Schnell, die Leiterin der Staatsanwaltschaft St. Pölten, zeigte sich auf Anfrage des STANDARD noch vorsichtig, für konkrete Angaben zum Tathergang sei es noch zu früh, die Obduktion der Leichen sei in Auftrag gegeben worden. Mit dem Ergebnis könne auch der Tatzeitpunkt eingegrenzt werden. Klar sei nur, dass von einem Fremdverschulden auszugehen sei.

"Ganz normale Familie"

In Böheimkirchen herrschte Fassungslosigkeit. Bürgermeister Johann Hell (SPÖ) zeigte sich über die Tragödie erschüttert: "Wir sind alle betroffen." Er habe die in die Katastralgemeinde Schildberg zugezogene Familie nicht persönlich gekannt. Es sei nichts über sie bekannt gewesen, Hell sprach gegenüber der Austria Presse Agentur von einer scheinbar "ganz normalen Familie" – hineinschauen, hinter Mauern und in Menschen, könne man natürlich nirgends, so der Bürgermeister.

Auch der Vorbesitzer des Hauses, das früher einmal ein Gasthaus war, zeigte sich erschüttert. Er beschrieb die Familie als "unauffällig". Es seien keine Streitereien vorgefallen beziehungsweise bekannt geworden. Die Mutter habe ihre Kinder sehr fürsorglich behandelt, sie stets zur Bushaltstelle begleitet und wieder abgeholt, schilderte ein Nachbar.

Die Schüsse hat offenbar niemand gehört. Fragen nach dem Verbleib des Vaters der Kinder konnten zunächst weder die Polizei noch Anrainer beantworten. (APA, simo, 1.12.2016)