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Kämpferisch: Italiens gestrauchelter Premier Renzi (li.).

Foto: REUTERS/Alessandro Bianchi

Rom – Italiens Premier Matteo Renzi, der nach dem Schlappe beim Referendum über eine Verfassungsreform seinen Rücktritt angekündigt hat, macht Druck für vorgezogene Parlamentswahlen im Februar. Der 41-Jährige könnte an der Spitze einer Mitte-links-Koalition in den Wahlkampf ziehen und versuchen, einen Sieg der europakritischen Fünf-Sterne-Bewegung zu verhindern, berichteten italienische Medien.

Präsident Sergio Mattarella hat den scheidenden Ministerpräsidenten am Montag zur Aufschiebung seines Rücktritts aufgefordert, bis das Parlament das Budgetgesetz für 2017 verabschiedet hat. Der Senat will sich bemühen, in drei Tagen das Gesetz über die Bühne zu bringen. Renzis Rücktritt könnte am Freitag oder spätestens am kommenden Dienstag erfolgen, berichtete die Tageszeitung "La Repubblica".

Mit welchem Wahlgesetz Italien wählen soll, ist noch unklar. Renzi wartet auf ein Urteil des Verfassungsgerichts über das Wahlgesetz "Italicum", das das Parlament in Hinblick auf die gescheiterte Verfassungsreform verabschiedet hatte. Aufgrund der Gerichtsentscheidung könnte das "Italicum" geändert und vor der vorgezogenen Parlamentswahl verabschiedet werden.

"Tausend schwierige Tage"

Nach der klaren Ablehnung seiner Verfassungsänderung im Referendum am Sonntag hatte Renzi noch in der Nacht auf Montag seinen Rücktritt angekündigt. Er hatte das Referendum im Vorfeld auch zu einer Abstimmung über seine Regierung gemacht. Ob er nun auch den Vorsitz der Demokratischen Partei (PD) abgibt, blieb zunächst unklar. Das Parteigremium tagt am Mittwoch.

"Es waren tausend schwierige, aber schöne Tage. Danke allen! Es lebe Italien!", resümierte Renzi am Montag auf Twitter seine fast dreijährige Amtszeit. Die große Mehrheit der Italiener – 59,1 Prozent – hatte seine Verfassungsreform am Sonntag abgelehnt. Die Beteiligung lag bei 68,4 Prozent und war damit höher als erwartet.

Padoan ist Favorit

Noch unklar ist, welche Schritte Staatschef Mattarella nach Renzis Rücktritt setzen wird. Er könnte, statt Neuwahlen auszurufen, eine Übergangsregierung aus Experten einsetzen, die ein neues Wahlrecht ausarbeitet und das Land bis zur im Frühjahr 2018 geplanten Parlamentswahl führt. Als Favorit für den Posten des Regierungschefs wird Finanzminister Pier Carlo Padoan gehandelt.

Kern der beim Referendum abgelehnten Verfassungsreform war es, die Zuständigkeit der zweiten Parlamentskammer, des Senats, stark zu beschränken, um die Gesetzgebung zu beschleunigen und zu vereinfachen. Bisher sind Abgeordnetenhaus und Senat gleichberechtigt und blockieren sich oft gegenseitig. Ziel war, die häufigen Regierungswechsel und die langwierigen Prozesse im Gesetzgebungsverfahren zu beenden. (APA, 6.12.2016)