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Zwei der flüchtigen türkischen Soldaten (Mitte) bei der Überstellung in ein Gefängnis im vergangenen Sommer: Ankara will die insgesamt acht Soldaten haben, die sich in der Putschnacht abgesetzt hatten.

Foto: Reuters / Konstantinidis

Athen/Ankara/Wien – Sie saßen alle zusammen in einem Hubschrauber und flüchteten in der Putschnacht aus der Türkei nach Griechenland. Für die einen droht bei einer Auslieferung Gefahr für Leib und Leben, für andere jedoch nicht, hat ein Athener Gericht am Dienstag unerwartet entschieden.

Drei der acht Soldaten, die am 16. Juli in Alexandroupoli in Nordgriechenland gelandet waren und Asyl beantragt hatten, sollen in die Türkei zurückgeschickt werden. Versuchter Staatsumsturz, Angriff auf das türkische Parlament und Diebstahl des Militärhubschraubers werden ihnen zur Last gelegt; für den Vorwurf des Mordversuchs an Staatspräsident Tayyip Erdoğan sah das Gericht keinen Anhaltspunkt. Am Montag hatte ein Richterrat im Fall dreier anderer Soldaten aus der Gruppe eine Auslieferung abgelehnt und damit die türkische Regierung verärgert. Über das Schicksal der letzten zwei Soldaten aus der Gruppe wird noch im Laufe dieser Woche entschieden.

Für Athen ist der Justizfall immer unangenehmer geworden. Die türkische Regierung hat in den vergangenen Wochen an der Drohkulisse gebaut, türkische Kampfjets donnern in noch größerer Zahl über griechische Inseln, die Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens steht im Raum. Auf die acht flüchtigen Soldaten hat es Ankara besonders abgesehen: Sie sollen zu dem Kommando gehört haben, das den türkischen Präsidenten Erdoğan in der Nacht des 15. Juli in einem Luxushotel in Marmaris an der Mittelmeerküste entführen oder gar umbringen sollte.

Einspruch eingelegt

Gegen die Nichtauslieferung der ersten drei Soldaten legte die Staatsanwaltschaft in Athen am Dienstag zudem Einspruch ein. Weil gegen alle Urteile Berufungsverfahren eröffnet werden, werden sich die Auslieferungsfälle aber noch Monate hinziehen.

Die flüchtigen Soldaten hatten angeblich den Auftrag, in Istanbul Verletzte zu bergen, dies hatten sie bei der der Vernehmung in Griechenland angegeben. Dann wären sie von der schwerbewaffneten türkischen Polizei unter Beschuss genommen worden, ließen zwei Maschinen in Istanbul zurück und flüchteten mit einem dritten Sikorsky-Hubschrauber.

Nach Angaben eines Technikers, der in der Putschnacht auf dem Flugplatz in Sancaktepe, im Großraum Istanbul war, soll an Bord eines der Hubschrauber zunächst aber auch ein bewaffneter Zivilist gewesen sein.

"Wir werden keinen Erfolg haben", soll Major Ahmet Güzel, der Pilot, dem Zivilisten erklärt haben. Güzel redete ihn angeblich mit "abi" – Türkisch für "Bruder" – an. Im türkischen Alltag ist dies eine viel benutzte informelle Anrede unter Männern. Im Zusammenhang mit der Gülen-Bewegung ist mit "Bruder" allerdings der höher gestellte Mentor eines Mitglieds der Glaubensgemeinschaft gemeint. Ursprünglich wollten die Soldaten dann nach Russland oder in die Ukraine flüchten, gab der Techniker in einer Vernehmung an, über die türkische Medien im November berichtet hatten. Am Vormittag des 16. Juli landeten sie dann auf dem Flughafen von Alexandroupoli nahe der türkisch-griechischen Grenze.

CHP-Chefberater verhaftet

Die anhaltenden Verfolgungen angeblicher Mitglieder der Gülen-Bewegung in der Türkei, die für den Putsch verantwortlich gemacht wird, haben nun auch die größte Oppositionspartei erreicht. Die türkische Polizei nahm am Dienstag einen führenden Berater des CHP-Vorsitzenden Kemal Kiliçdaroglu fest. Der Name des Beraters soll auf einer Liste der Benutzer von Bylock gestanden sein, einer Mobiltelefonanwendung der Gülenisten. (Markus Bernath, 6.12.2016)