Salzburg – Bewaffnete Cobra-Einheiten bewachen den Eingang, die Sicherheitskontrollen sind besonders streng – bereits beim Zutritt zum Salzburger Landesgericht wird klar, dass ein weiterer Prozess gegen Terrorverdächtige beginnt. Angeklagt sind ein Mann aus Algerien und einer aus Marokko, die im November als Flüchtlinge nach Salzburg gekommen sind. Im Flüchtlingscamp in der ehemaligen Autobahnmeisterei der Asfinag sollen sie zwei mutmaßlichen Terroristen geholfen haben.

Die beiden werden in Handschellen von acht Justizwachebeamten hereingeführt. Die Tür zum Gerichtssaal bewachen zwei Cobra-Beamte. Der Staatsanwalt wirft den beiden die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und einer kriminellen Organisation vor. Sie sollen jene beiden IS-Terroristen unterstützt haben, die im Juni an Frankreich ausgeliefert wurden und denen vorgeworfen wird, Mitglieder jener Terrorzelle zu sein, die für die Anschläge in Paris verantwortlich war.

Geldtasche mit Sim-Karte entgegengenommen

Konkret soll der nun erstangeklagte 26-jährige Marokkaner bei der Festnahme der beiden Terroristen am 10. Dezember 2015 eine Geldtasche von einem der Männer entgegengenommen haben. "Es war ein konspiratives Zustecken mit dem Befehl, die Geldtasche dem Zweitangeklagten zu geben", sagte der Staatsanwalt. In dieser Tasche habe sich eine algerische Sim-Karte befunden, die laut Anklage ein "wichtiger Datenträger zur Informationsweitergabe" war. Die Daten sollten demnach an den 40-jährigen Algerier gehen.

Der große, schlanke Marrokaner soll zudem Kontakte zu einer deutschen Nummer gehabt haben, einer Scheinidentität, die offenbar zur Übermittlung von Informationen im Terrornetzwerk gedient habe, erklärte der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsplädoyer. Diese Nummer war im Handy des 26-Jährigen gespeichert. Auch einer der ausgelieferten Terrorverdächtigen hatte mit dieser Scheinidentität Kontakt. Auffallend seien auch Überweisungen aus Frankreich, die auf das Konto des Angeklagten gegen.

Angeklagte bekennen sich nicht schuldig

Das Verhalten des Angeklagten aus Marokko wirke wie jenes eines Scouts, sagte der Staatsanwalt. "Er ist nicht gedacht für Terroranschläge, sondern soll auskundschaften, welche Routen möglich sind." Beide Angeklagten hätten die Kontakte zu den an Frankreich ausgelieferten Terrorverdächtigen immer heruntergespielt.

Beide Angeklagten bekannten sich wegen Terrorverdachts nicht schuldig. Dem 40-jährigen Algerier, der vor Gericht Französisch spricht, werden auch Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz und ein Diebstahl vorgeworfen. Er zeigte sich nur wegen des Suchtgifts geständig.

Die Einvernahme des 26-jährigen Marokkaners durch den Richter zog sich am Vormittag in die Länge. Ein Dolmetscher übersetzte auf Arabisch, was das Gespräch deutlich verlangsamte. Beim Beantworten der Fragen redete der Angeklagte um den heißen Brei herum, holte bei konkreten Fragen mit seiner Erzählung weit aus.

Ausgelieferte Terrorverdächtige mit Paris-Attentäter unterwegs

Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwalts gab auch Einblick in die Vorwürfe an die beiden ausgelieferten mutmaßlichen IS-Terroristen. Der 28-jähriger Algerier und der 34-jährige Afghane saßen in Salzburg in Untersuchungshaft, bevor sie im Juni an Frankreich ausgeliefert wurden. Sie waren am 10. Dezember 2015 im Flüchtlingscamp in der Autobahnmeisterei der Asfinag wegen Terrorverdachts festgenommen worden.

Am 3. Oktober seien die Männer mit zwei Selbstmordattentätern der Paris-Anschläge von Syrien aus über die Türkei nach Griechenland gereist, danach hätten sie sich in Zweierteams aufgeteilt. Die zwei Männer, die sich später am 13. November in Paris vor dem Stade de France in die Luft sprengten, wurden vorausgeschickt, sie konnten mit ihren gefälschten syrischen Pässen in Griechenland einreisen. Der 28-jähriger Algerier und der 34-jähriger Afghane wurden hingegen aufgehalten, weil sie keinen syrischen Dialekt sprachen und einfache Fragen über Syrien nicht beantworten konnten.

Reisepässe aus derselben Fälschungswerkstätte

Bis 3. November saßen sie in Griechenland in Schubhaft, danach wurden sie freigelassen und sollen angehalten worden sein, Griechenland zu verlassen. Sie konnten sich bis nach Österreich durchschlagen, bis sie in Salzburg angekommen seien, um von hier aus weiterzureisen. "Ihre Aufgabe war, etwas in Frankreich zu erledigen", sagte der Staatsanwalt.

Die Reisepässe der Paris-Attentäter und der ausgelieferten Männer stammen von derselben Fälschungswerkstätte, betonte der Staatsanwalt. Eine Telefonnummer eines IS-Kommandanten, die im Handy des Algeriers entdeckt wurde, habe auch einer der Paris-Attentäter gespeichert gehabt. In Salzburg hätten die Männer zunächst auf einen Kontaktmann gewartet, schilderte der Staatsanwalt. Dieser Kontaktmann werde derzeit dank eines internationalen Haftbefehls von Belgien nach Österreich ausgeliefert.

Am späten Nachmittag wurde der Prozess auf 2. Februar 2017 vertagt. (Stefanie Ruep, 7.12.2016)