Wien – Bestechend die Programmkonzeption: ein Teil Mozart, eine Hälfte Schumann, jeweils eine Fantasie im Mittelpunkt, im Vorspann beide Male Stücke, die als "leicht" gelten, und alles im Bereich C-Dur bzw. c-Moll.

Die atmosphärischen Rahmenbedingungen gehören zu den Konzerten von Grigorij Sokolov seit vielen Jahren dazu: Gedämpftes Licht und ruhige Stimmung bilden die Voraussetzung für konzentrierte, weihevolle Versenkung, in die sich der Pianist mit priesterlicher Würde begibt.

Sein Bestreben, zwischen den Stücken keinen Applaus aufkommen zu lassen, passt zur dramaturgischen Anlage des Abends: Denn Mozarts c-Moll-Sonate wurde zusammen mit der vorangestellten Fantasie in derselben Tonart gedruckt und hängt mit ihr auch motivisch zusammen, Schumanns Arabeske ist das Nachbaropus der Fantasie. Fließen die Kompositionen ineinander, offenbaren sich ansonsten überhörte Beziehungen.

Brillanz ohne Glätte

Manches wird vom Pianisten freilich auch überakzentuiert: So ließ er im Großen Konzerthaus-Saal bei beiden Schumann-Stücken manche Basstupfer explosiv herausknallen, setzte auch bei Mozart manierierte Akzente – wie Widerhäkchen inmitten einer gepflegten, glänzenden Oberfläche. Denn grundsätzlich ist Sokolovs Spiel kaum an Kultiviertheit zu überbieten. Er schafft dabei etwas Seltenes: Brillanz ohne Glätte.

Seine Läufe perlen bei Mozart wie der Inbegriff dieses strapazierten Klischees, geschmeidig schimmert noch die nebensächlichste Begleitfigur. Bindeglied von all dem ist ein herrliches Legato, das erst über das Hören entsteht – es gibt kaum einen anderen Pianisten, der sich mehr auf die Raumakustik einließe. Sokolovs Mozart ist eine merk-würdige, hörens-werte Mischung aus einem souveränen Zugang aus den Klavierschulen des 19. Jahrhunderts und stilistischer Eigenwilligkeit: Sie bemüht sich um zusätzliche Verzierungen im Sinne der Mozart-Zeit, wechselt jedoch mitunter willkürlich zwischen wattigem und harschem Klang.

Sollte jemand noch Zweifel gehabt haben, dass der Künstler gerne spielt, wurde er bei den nicht weniger als sechs (!) Zugaben eines Besseren belehrt. (Daniel Ender, 8.12.2016)