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Viktor Orbáns Regierung musste zurückrudern.

Foto: Reuters / Laszlo Balogh

Das hat Ungarn seit dem Antritt Viktor Orbáns vor sechs Jahren noch nicht gesehen: Wie ein Mann bäumte sich die sonst loyale Beamtenschaft gegen den Willen des nationalkonservativen Premiers auf. Diesem zufolge hätten nämlich rund 26.000 Beamte der Regierungs- und Kreisämter bis Weihnachten 10.000-Forint-Gutscheine zu 2,8 Millionen Pensionisten im Land tragen sollen.

Erzsébet-(Elisabeth-)Bons sind steuerbegünstigte Lohnbestandteile, die Mitarbeiter von ihrem Arbeitgeber erhalten und gegen Lebensmittel oder Dienstleistungen eintauschen können. Orbán verfügte, dass nun auch alle Pensionisten bis Weihnachten Bons im Wert von umgerechnet knapp 32 Euro erhalten sollen – bei Durchschnittspensionen von rund 340 Euro im Monat nicht wenig.

Kanzleramtsminister János Lázár hatte nun die – von seinem Chef abgenickte – Idee, die Bons nicht von der Post zustellen, sondern von den Regierungsbeamten direkt austragen zu lassen. Um den Schritt öffentlich zu rechtfertigen, argumentierte er mit den angeblich hohen Zustellgebühren der staatlichen Post – 1,53 Euro pro Bon. Die Beamten wiederum würden in den letzten vier oder fünf Tagen vor Weihnachten ohnehin kaum mehr etwas zu tun haben, meinte der Minister.

Doch wie das Portal hvg.hu von Insidern erfuhr, trieben Orbáns rechte Hand beim geplanten Einsatz der Beamten offenbar ganz andere Motive an. Demnach sollten die in ihren Amtsstuben Akten wälzenden Bürokraten unter die Senioren geschickt werden, um endlich auf Tuchfühlung mit diesem wichtigen Wählersegment zu gehen. Bei Erfolg der Aktion – so soll Lázár intern argumentiert haben – würde man die Staatsdiener später auch zu wahlwerberischen Zwecken ausschwärmen lassen können.

Die Vorstellung, im Wahlkampf 2018 nicht nur auf die Aktivisten der Regierungspartei Fidesz, sondern auch auf zehntausende Beamte zurückgreifen zu kön-nen, muss den machtbewussten Kanzleramtsminister in Budapest elektrisiert haben. Allein, es wurde nichts daraus. Denn auch die Beamtenschaft ist für Orbán eine ganz und gar nicht unwichtige Klientel. Die zwei Gewerkschaften schrien prompt auf – und wurden, was selten ist im Orbán-Land, tatsächlich erhört: Die Regierung gab nach; nun wird also doch die Post die Erzsébet-Bons den Pensionisten zustellen.

Kabinettschef Antal Rogán erhielt den Auftrag, in Orbáns Namen eine besonders herzerwärmende Botschaft an Ungarns Pensionisten zu ersinnen. Wegen des ganzen Hin und Her garantiert die Post allerdings nicht, wie nun bekannt wurde, dass Bon und Botschaft ihre Adressaten bis Weihnachten auch tatsächlich erreichen werden.

Aber bis zum Jahresende werde es sich noch ausgehen, hieß es. (Gregor Mayer aus Budapest, 10.12.2016)