Jeder Terroranschlag, welcher der kurdischen Untergrundarmee PKK zur Last gelegt wird, stärkt in der Türkei nun die neue nationalistisch-islamische Allianz. Diese Allianz will die militärische Lösung der Kurdenfrage im Land und die Wiedereinführung der Todesstrafe; sie arbeitet auf die Rückkehr zu einem Führerstaat hin wie in den 1930er- und 1940er-Jahren unter Mustafa Kemal Atatürk und dessen Nachfolger Ismet Inönü; und sie nimmt auch einen Abbruch des Projekts des EU-Beitritts der Türkei in Kauf.

Die Fürsprecher einer politischen Lösung für die kurdische Volksgruppe in der Türkei – sie stellt eine bedeutende Minderheit von vielleicht zwölf Millionen Menschen dar – werden zwischen der nationalistisch-islamischen Allianz und den Terroristen der PKK aufgerieben. Das ist auch so beabsichtigt. Im Parlament werden deshalb bald nur noch drei Parteien sitzen; wenn sich die rechtsgerichteten Nationalisten nicht fügen, wie es Staatschef Tayyip Erdoğan will, auch nur noch zwei: Erdoğans konservativ-islamische AKP und die Sozialdemokraten der CHP.

Ist die Präsidialverfassung erst einmal eingeführt, braucht Erdoğan die Nationalisten der MHP nicht mehr. Für die Kurden ist der politische Gezeitenwechsel innerhalb von nicht einmal zwei Jahren jedoch verheerend. Eine ganze Generation junger Kurden hat mit dem türkischen Staat abgeschlossen. Sie ist das Reservoir der PKK. (Markus Bernath, 11.12.2016)