Auf Paolo Gentiloni wartet eine undankbare Aufgabe.

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Das Scheinwerferlicht hat Paolo Gentiloni bisher kaum gesucht. Auch wenn er als Journalist, dann als Pressechef des römischen Bürgermeisters Francesco Rutelli, später als Kommunikationsminister der zweiten Regierung Prodi und zuletzt als Außenminister unter Matteo Renzi diente, wirkte er lieber im Hintergrund.

Das entspricht durchaus dem Charakter des 62-Jährigen. Der aus einer Adelsfamilie gebürtige, von Staatspräsident Sergio Mattarella mit der Regierungsbildung beauftragte Politologe gilt als bescheiden, protzt weder mit seinem Stammbaum noch mit seiner Bildung und schon gar nicht seinen Erfolgen. Im Gegenteil: Er spricht von sich selbst stets mit einer gewissen Selbstironie.

Als Gymnasiast war er Gründer einer ultralinken Zeitung, schloss sich der außerparlamentarischen Linken an und avancierte später zum Chefredakteur der wichtigsten Zeitschrift der Umweltorganisation Legambiente. Als Rutellis Pressechef in den 1990er-Jahren trug er zur damaligen "Blütezeit" Roms bei; als Kommunikationsminister hatte er die schwierige Aufgabe, die staatliche RAI gegenüber Silvio Berlusconis Privat-TV wettbewerbsfähig zu halten. Eine sehr klare proeuropäische Linie verfolgte er als Außenminister – trat aber entschieden gegen die EU-Sanktionen gegen Russland auf und warnte vor Militäraktionen in Libyen, der ehemaligen Kolonie.

Der "Kathokommunist" spricht Deutsch

Entscheidungen trifft Gentiloni, der fließend Deutsch, Englisch und Französisch spricht und wegen seines strengen katholischen Glaubens oft als "Kathokommunist" bezeichnet wird, meist erst nach längeren Überlegungen. Bloß als ihn Mattarella mit der Bildung der 64. italienischen Nachkriegsregierung beauftragte, ließ er sich nicht zweimal bitten. Wohl weniger aus Ehrgeiz und Selbstgefälligkeit, sondern eher aus Loyalität zu seinem sozialdemokratischen Parteikollegen und Amtsvorgänger Matteo Renzi, damit sich dieser völlig auf den Neustart des kriselnden Partito Democratico konzentrieren kann.

Gentiloni – er ist mit einer Architektin verheiratet, hat keine Kinder – erwartet eine undankbare Aufgabe: Er muss das Wahlgesetz reparieren, muss die heikle Lage der italienischen Banken meistern und die zerstrittenen politischen Lager nach dem Referendum ein Stück weit versöhnen. Kurzum: Er muss bis zu den nächsten Wahlen – zwischen Herbst 2017 und Frühling 2018 – das Terrain für ein allfälliges Comeback Renzis ebnen. (Thesy Kness-Bastaroli, 12.12.2016)