Der Tiroler Künstler und Aktivist Chris Moser wirkt auf den ersten Blick grimmig. In seinem 400 Jahre alten Haus in der Wildschönau offenbart er seine konservative Seite und kuschelt am liebsten mit der Familie am Ofen.

"Meine Frau und ich sind hier vor 20 Jahren eingezogen. Das Haus hat 160 Quadratmeter Wohnfläche und ging von der Familie meines Vaters an mich und die Geschwister. Seitdem sind wir eigentlich pausenlos am Renovieren. Als gelernter Bildhauer, der auch viel Zeit mit Restaurierungen zubringt, macht mir diese Arbeit großen Spaß und ist ein schöner Ausgleich zu meiner Kunst und meinem Aktivismus. Es gibt viel zu entdecken in so einer alten Hütte. Auf dem Firstbalken am Dachstuhl ist die Jahreszahl 1620 eingeschnitzt. Aber gut möglich, dass die Substanz um einiges älter ist.

Am Tisch fühlte sich Künstler und Aktivist Chris Moser einst von der Polizei gedemütigt. Den großen Ofen hat er von der später erhaltenen Haftentschädigung bezahlt.
Foto: Günter Wett

Vom Grundriss her war es als Doppelhaus angelegt. Es gab zwei Küchen, zwei Stuben, nur Bäder gab es damals noch keine. Das Bad mit Klo haben wir selber ins Obergeschoß eingebaut. Meine Frau hatte die Idee, statt Fliesen alte Flaschenböden einzumauern. Ich war anfangs skeptisch, aber es sieht großartig aus. Auch wenn es eine Heidenarbeit war, so viele Weinflaschen aufzutreiben. Ich könnte hier vielleicht als Straight Edge bezeichnet werden, lehne Alkohol und andere Drogen ab und lebe vegan.

Am liebsten bin ich im Garten. Aber wir haben lange, zu lange Winter hier, und so verbringt man zwangsläufig viel Zeit drinnen. Im Erdgeschoß haben wir die Trennwände des Doppelhauses herausgerissen, und so entstand ein sehr wohnlicher Bereich mit großer Stube. Deren Herzstück ist der selbstgemauerte Ofen. Das Geld dafür habe ich von der Haftentschädigung genommen, die ich nach dem sogenannten Tierschützerprozess und dem Freispruch bekommen hatte. Die ganze Familie hat an diesem Ofen mitgeplant. Mir war wichtig, dass es ein Ofen wird, auf dem die Kinder richtig rumkraxeln können. Wo man gemeinsam kuscheln kann. Im Winter ist das mein absoluter Lieblingsplatz. Vor allem deshalb, weil nur die neuen Bereiche im Haus gedämmt sind.

Am großen Tisch in der Stube bin ich wiederum fast nie mehr. Dort haben sie mich damals gefesselt hingesetzt, als sie frühmorgens zur Hausdurchsuchung angerückt sind. Stundenlang bin ich in Handschellen an diesem Platz gesessen und habe versucht, die Kinder und meine Frau zu beruhigen. Dann haben sie mich mitgenommen, obwohl sie nichts gefunden hatten. Dieses Eindringen in meinen privaten Bereich habe ich wohl bis heute nicht überwunden, denn diesen Platz meide ich seither intuitiv.

Für mich sind dieses Haus und diese Gegend mein Ruhepol. Hier kann ich mit meiner Familie sein und arbeiten. Ich schreibe am liebsten in der Stube, an unserem Familiencomputer, und irgendwann werde ich auch mein Atelier fertigstellen, das leider immer noch eine Baustelle ist. Ich bin ein Gehetzter. Bin ich daheim, kann ich es kaum erwarten, wieder auf Ausstellungstouren und Lesereisen zu gehen oder zu politischen Aktionen zu fahren. Bin ich unterwegs, sehne ich mich nach zu Hause.

Besonders wichtig ist für mich das gemeinsame Essen mit der Familie. Einmal im Monat kommen alle, meine Mutter, die Geschwister und wir. Das neue Esszimmer ist mein jüngstes Projekt. Das freut mich besonders. Der Durchbruch der Wand hin zur Küche war ein Abenteuer. Ich bin ja kein Statiker. Die Wand ist aus Steinen und alten Balken gemacht. Das haben wir unverputzt gelassen, das hat Charakter.

Ich würde mich wirklich nicht als konservativen Menschen bezeichnen. Aber hier im Haus meiner Familie, da entdecke sogar ich immer wieder einmal Seiten an mir, die ich so gar nicht kannte. Bewahren hat hier einen anderen Stellenwert." (19.12.2016)