Einem US-Medienbericht zufolge soll Russlands Präsident Wladimir Putin (links abgebildet) selbst Anweisungen für den Umgang mit den gehackten E-Mails der Demokratischen Partei gegeben und damit dem Republikaner Donald Trump zum Sieg gegen Hillary Clinton verholfen haben. Vonseiten des Kreml und der Enthüllungsplattform Wikileaks wurden die Vorwürfe dementiert.

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Frage: Was wird Russland vorgeworfen?

Antwort: Die US-Regierung beschuldigt Russland, hinter Angriffen auf Computersysteme politischer Organisationen und Institutionen zu stehen und sich damit in den US-Wahlkampf eingemischt zu haben.

Frage: Um welche E-Mails geht es?

Antwort: Es geht um E-Mail-Konten von Mitgliedern und Mitarbeitern des Parteivorstandes der Demokraten. Durch die Attacken kamen vertrauliche E-Mails aus der Parteizentrale sowie aus dem Mailkonto von Clintons Wahlkampfmanager John Podesta ans Licht. Wikileaks machte im Juli fast 20.000 E-Mails publik, die parteiinterne Störmanöver gegen Clintons Vorwahlrivalen Bernie Sanders offenbarten. Die Affäre führte zum Rücktritt von Parteichefin Debbie Wasserman Schultz. Im Oktober veröffentlichte Wikileaks weitere E-Mails, die unter anderem bisher unbekannte Reden beinhalteten, die Clinton vor Wall-Street-Bankern hielt, sowie auf eine Verstrickung der Clinton-Stiftung mit privaten Geschäften der Familie hindeuteten.

Frage: Wer genau beschuldigt Russland, hinter den Hackerangriffen zu stehen?

Antwort: Die demokratische Partei und IT-Experten beschuldigten Russland schon nach den ersten Wikileaks-Veröffentlichungen vom Juli, hinter den Angriffen zu stehen und sich so zugunsten von Trump in den Wahlkampf einzumischen. Noch einige Wochen vor der Wahl am 8. November hatten die 17 Geheimdienstorganisationen der USA in einem gemeinsamen Statement eine russische Urheberschaft der Hacks gegen die Wahlkampagne der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton vermutet: Sie seien sich sicher, dass die russische Regierung hinter den E-Mail-Diebstählen stehe und damit die Wahl beeinflussen wollte. "New York Times" und "Washington Post" berichteten am 9. Dezember unter Berufung auf interne CIA-Unterlagen, dass die Hacker offenbar nicht nur die Server der Demokratischen Partei, sondern auch die der Republikaner angezapft haben – jedoch die Daten der Republikaner nicht publik machten. Inzwischen gehen die Geheimdienste demnach mit noch einmal erhöhter Überzeugung davon aus, dass Russland Trump zum Sieg zu verhelfen wollte. Der republikanische Senator Lindsey Graham bestätigte am Mittwoch dem Nachrichtensender CNN, dass seine Wahlkampfaccounts von russischer Seite gehackt worden seien. Er sei drei Monate vor der Präsidentenwahl am 8. November von der US-Bundespolizei FBI über einen Hackerangriff im Juni informiert worden.

Frage: Und Russlands Präsident Wladimir Putin selbst soll dahinterstecken?

Antwort: Das berichtet zumindest der US-Fernsehsender NBC. Putin soll Anweisungen für den Umgang mit den gehackten Mails der demokratischen Parteifunktionäre in den USA gegeben haben, wie der Sender unter Berufung auf zwei anonyme hochrangige US-Geheimdienstmitarbeiter meldete.

Putin habe dies anfänglich aus Rache getan, weil Hillary Clinton als Außenministerin unter Barack Obama öffentlich die Rechtmäßigkeit der russischen Duma-Wahlen von 2011 infrage gestellt habe, zitiert der Sender einen Geheimdienstmitarbeiter. Dann habe der russische Präsident sein Vorgehen ausgeweitet, um das politische System in den USA als korrupt darzustellen.

Frage: Was sagt Moskau dazu?

Antwort: Russland hat die Meldungen über Einflussnahme stets zurückgewiesen, zuletzt am Freitag als "unanständig". Putins Sprecher Dmitri Peskow antwortet am Donnerstag auf die Frage von Journalisten, ob es für die Vorwürfe eine Grundlage gebe: "Für lächerlichen Unsinn kann es keinerlei Grundlage geben."

Frage: Was sagt Donald Trump dazu?

Antwort: Auch Trump hat Zweifel an den Geheimdienstberichten geäußert. Nach einem Bericht der "New York Times" soll er im Kreis seines Übergangsteams den Verdacht geäußert haben, die CIA versuche die Legitimität seiner Präsidentschaft zu untergraben. Er sieht einen Zusammenhang zu angeblichen Versuchen seiner Gegner, seine Wahl durch das Wahlmännergremium am 19. Dezember doch noch zu verhindern. "Das sind dieselben Leute, die gesagt haben, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen hatte", hieß es in einer Erklärung von Trumps Übergangsteam am 9. Dezember. Auf die ersten Gerüchte, Russland könnte hinter den Hackerangriffen stehen, antwortete Trump: "Es könnte Russland sein. Es könnte aber auch China sein. Oder ein Typ, der in New Jersey sitzt und 400 Pfund wiegt."

Frage: Was sagt Wikileaks dazu?

Antwort: "Unsere Quelle ist nicht die russische Regierung", beteuerte Wikileaks-Gründer Julian Assange in einem Interview am Donnerstag. Die Veröffentlichung der E-Mails hatte er zuvor bereits verteidigt: "Es ging nicht um einen persönlichen Wunsch, den Ausgang der Wahlen zu beeinflussen", sagte Assange am Tag der US-Wahl Anfang November in einer schriftlichen Erklärung. Es habe sich um Dokumente gehandelt, die für die Öffentlichkeit relevant gewesen seien.

Frage: Könnte damit das Wahlergebnis beeinflusst worden sein?

Antwort: Das ist umstritten. Demokraten verweisen auf den knappen Ausgang in den entscheidenden Staaten Pennsylvania, Michigan und Wisconsin. Obama gab sich vorsichtiger: "Man weiß nie, welche Faktoren entscheidend sind. Aber ich habe keinen Zweifel, dass es einen Einfluss gab." Geschichten "um Hillarys Mails, die Clinton Foundation und Tratsch rund um die Demokratische Partei" hätten wochenlang statt anderer Sachthemen die Medien dominiert.

Frage: Was passiert jetzt?

Antwort: Präsident Barack Obama, der noch bis 20. Jänner im Amt ist, hat eine umfassende Aufarbeitung angeordnet, die er bis zum Ende seiner Amtszeit vorliegen haben will. Obama kündigte außerdem eine "Reaktion" seines Kabinetts an. "Wenn eine ausländische Regierung versucht, die Glaubhaftigkeit der Wahl zu untergraben, müssen wir handeln. Das werden wir – an einem Zeitpunkt und Ort unserer Wahl." Offen blieb, wie die von Obama angekündigte Reaktion aussehen könnte. Laut US-Medien versuchen Geheimdienste mehr zur Herkunft von Putins Privatvermögen von angeblich 85 Milliarden Dollar (81 Milliarden Euro) herauszufinden. Weil viele Russen politische Korruption aber als "normal" hinnähmen, suche man auch andere Möglichkeiten. Es könnte etwa darum gehen, Putin "schwach aussehen zu lassen". (maa, mesc, 16.12.2016)