Schwarze Schafe in der Familie können als Folge der Reform nun eher um ihren Erbteil umfallen.

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Wien – Mit der Erbrechtsreform, die am 1. Jänner in Kraft tritt, wird beim Erben keineswegs alles neu, aber vieles anders. Eine Reihe von Änderungen betrifft nur neue letztwillige Verfügungen, andere Neuerungen aber geben Anlass zur Überlegung, ob nicht ein Testament errichtet oder ein bestehendes abgeändert werden sollte.

Es fängt mit der Frage an, welches Erbrecht anzuwenden ist: Bereits seit 17. August 2015 ist die EU-Erbrechtsverordnung in Kraft. Danach ist für österreichische Staatsbürger nicht mehr ohne weiteres österreichisches Erbrecht anzuwenden, sondern nur dann, wenn sie entweder ihren gewöhnlichen Aufenthalt beim Ableben in Österreich haben oder sich letztwillig, z. B. in einem Testament, für die Anwendung österreichischen Erbrechtes entscheiden. Andernfalls wird beispielsweise bei einem gewöhnlich in Frankreich aufhältigen Österreicher französisches Erbrecht angewendet. Gleiches gilt für die Gerichtszuständigkeit.

Erweiterung der Erbunwürdigkeit

Neu ist auch eine Erweiterung der Erbunwürdigkeit, bei deren Vorliegen dem präsumtiven Berechtigten die Erbschaft bzw. das Vermächtnis nicht zufällt. Erbunwürdig ist nicht nur, wer gegen den Verstorbenen vorsätzlich eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, sondern auch (nachträglich) derjenige, der eine solche strafbare Handlung gegen die Verlassenschaft begeht.

Dies wäre beispielsweise bei einer Unterschlagung oder einem Diebstahl zulasten der Verlassenschaft, die 5000 Euro übersteigt, der Fall, mit Ausnahme der Straftat im Familienkreis. Zur Vermeidung einer (nachträglichen) Erbunwürdigkeit ist daher bei der Verwaltung des Nachlasses bzw. Verfügungen über diesen besondere Vorsicht geboten.

Die Enterbungsgründe, also jene Gründe, aus welchen der Pflichtteil durch letztwillige Verfügung entzogen werden kann, wurden erweitert. Nunmehr stellen auch vorsätzlich begangene gerichtlich strafbare Handlungen gegen nahe Angehörige des Verstorbenen (und nicht wie bisher nur gegen diesen selbst), die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, ebenso einen Enterbungsgrund dar wie die gröbliche Vernachlässigung der familienrechtlichen Pflichten gegenüber dem Verstorbenen.

Aktives Tun erforderlich

Die Enterbung muss mittels letztwilliger Verfügung erfolgen, kann allerdings auch durch Übergehung des zu Enterbenden bewirkt werden. Anders als bei der Erbunwürdigkeit ist also ein aktives Tun erforderlich, mag es sich auch nur in der Errichtung einer letztwilligen Verfügung, mittels deren der sonst an sich Pflichtteilsberechtigte übergangen wird, äußern. Der konkrete Enterbungsgrund muss allerdings für die Enterbung ursächlich gewesen sein, weshalb es sich empfiehlt, die Enterbung ausdrücklich vorzunehmen und den ursächlichen Enterbungsgrund zu nennen. Erweist sich der Enterbungsgrund als nicht stichhaltig beziehungsweise nicht ausreichend, dann wird vermutet, dass dem Enterbten zumindest der Pflichtteil zukommen soll.

Im Pflichtteilsrecht sind die Änderungen besonders umfangreich. Aus diesem Grund erfordert eine sachgerechte Berücksichtigung in der Regel eingehende Rechtsberatung. Pflichtteilsberechtigt sind nunmehr nur noch die Nachkommen und der Ehegatte bzw. eingetragene Partner des Verstorbenen. Der Pflichtteil beträgt generell die Hälfte des nach der gesetzlichen Erbfolge Zustehenden. Er kann wie bisher aus dem Nachlass (etwa durch Vermächtnis), aber auch durch Zuwendungen aus einer Privatstiftung oder "vergleichbaren Vermögensmasse" sowie durch Schenkungen abgedeckt werden. Als Geldpflichtteil kann er aber nun nicht mehr sofort, sondern (mit gesetzlichen Zinsen von vier Prozent im Jahr ab dem Todestag) erst ein Jahr nach Ableben des Verstorbenen gefordert werden.

Pflichtteil kann man stunden

Der Pflichtteil kann durch letztwillige Verfügung oder gerichtliche Entscheidung auf fünf beziehungsweise zehn Jahre gestundet werden. Da für den Stundungszeitraum gesetzliche Zinsen zu entrichten sind, muss der Erbe genau kalkulieren, ob sich die Stundung, vor allem bei niedrigeren Bankzinsen, bezahlt macht. Nach den Gesetzesmaterialien stand bei dieser Regelung die Verhinderung einer Vernichtung von Unternehmen oder anderen wirtschaftlichen Grundlagen des Erben Pate.

Auf Antrag des Pflichtteilsberechtigten kann das Gericht eine Sicherstellung des Pflichtteilsanspruches, etwa durch Bestellung eines Pfandrechtes, anordnen.

Weiters bestehen Änderungen im Hinblick auf Formalitäten, Zeugen, Anrechnungsrecht sowie die Auslegung der letztwilligen Verfügung. Neu eingeführt wurden ein außerordentliches (subsidiäres) Erbrecht des Lebensgefährten sowie ein Pflegevermächtnis. (Michael Hule, 19.12.2016)