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Eine Version des Weihnachtsinterviews mit Ungarns Premier Viktor Orbán erschien in leicht abgeänderter Form.

Foto: Reuters / Laszlo Balogh

Unter dem Titel "Wir machen das Land zum Sieger" erschien am 24. Dezember in zwölf ungarischen Regionalzeitungen ein Interview mit dem rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Die Blätter gehören zur Medienholding Mediaworks, die neuerdings von dem Orbán nahestehenden Oligarchen Lörinc Mészáros kontrolliert wird. Der für all diese Medien vorgesehene, im Wortlaut identische Interviewtext glich den Monologen, wie sie einst kommunistische Parteichefs zu besonderen Anlässen abließen.

Doch in einer Zeitung, im "Fejér Megyei Hírlap" ("Nachrichtenblatt des Komitats Fejér") aus Székesfehérvár, erschien das Pseudointerview in einer leicht veränderten Fassung. Ein anonymer Scherzbold legte dem Regierungschef an mehreren Stellen Worte in den Mund, die er so nicht gesagt hatte. Etwa dort, wo Orbán unter Bezugnahme auf die von ihm veranstalteten "Volkskonsultationen" und Referenden behauptet: "Ungarn ist in der brodelnden westlichen Welt deshalb stabil, weil wir die Menschen nach ihrer Meinung befragt haben", fügte der unbekannte Letztbearbeiter hinzu: "obwohl sie uns gar nicht interessiert hat".

Ein weiterer "Eingriff" bezog sich auf einen Vorfall im November, den viele als symptomatisch für die Zustände im maroden Gesundheitswesen betrachteten. Auf der Toilette eines Budapester Krankenhauses war die Leiche einer Frau gefunden worden, die schon seit Tagen dort unentdeckt gelegen war. Wo Orbán sagt, "Auch die Löhne der Krankenschwestern werden wir 2017 und 2018 beständig anheben", stand der gefakte Zusatz: "Und auch die Zahl der Krankenhausleichen wird steigen."

Rechtliche Schritte angedroht

Die Mediaworks-Holding drohte dem "unbekannten Täter" in einem Kommuniqué rechtliche Schritte an. Die betroffene Zeitung erscheint im Komitat Fejér, aus dem Orbán stammt und wo Oligarch Mészáros im Ort Felcsút Bürgermeister ist. Die Mediaworks gehörte bis vor kurzem dem österreichischen Investor Heinrich Pecina. Vor ihrem Verkauf an die Orbán-nahen Kreise hatte Pecina Anfang Oktober die Tageszeitung "Népszabadság", die wichtigste Oppositionszeitung des Landes, überfallsartig geschlossen. Tausende protestierten in Ungarn gegen die Schließung des Blattes.

Zum Mediaworks-Portfolio gehörten neben der "Népszabadság" und den zwölf Regionalblättern auch die Sportzeitung "Nemzeti Sport". Bei den betroffenen Zeitungen wurden innerhalb weniger Monate zahlreiche Journalisten entlassen, vor allem solche, die zuvor mit kritischen Berichten an der Orbán-Partei Fidesz aufgefallen waren. (Gregor Mayer aus Budapest, 26.12.2016)