Bild nicht mehr verfügbar.

Zwischen Neo-Präsident Trump und Kremlchef Putin muss sich Europa auf seine Identität berufen, um nicht zermalmt zu werden.

Foto: REUTERS/Carlos Barria

Inmitten der zwei Alphatiere Donald Trump und Wladimir Putin wird Europa und seine politische Führung rasch ein eigenes und vor allem eigenständiges Profil entwickeln müssen, will es nicht zwischen den zwei Welten und Systemen verrieben werden und nur ein politisches Anhängsel sein.

Während Russland und Putin im Syrienkonflikt immer stärker dominieren und die Linie vorgeben, schaut Europa mehr oder weniger hilflos zu und hat im Inneren mit den Folgen der Flüchtlingskrise zu kämpfen. Auf der anderen Seite des Atlantiks ist der zukünftige Präsident der USA gerade auf dem besten Weg nach seinen Vorstellungen und Werten "America Great Again" zu machen. Welche Rolle soll nun ein historisch und kulturell gewachsenes Europa auf der Weltbühne einnehmen?

Eigenständiges Profil

Gerade der Kontinent, der über ein immenses Kapital an kulturellen Werten und gewachsenen Traditionen verfügt, braucht ein eigenes politisches Profil, das ihn klar von den USA und Russland unterscheidet. Im Vergleich zur eher kurzen Geschichte der USA sollte die EU, auf Basis des vorhandenen geistigen und kulturellen Kapitals, eine bedeutendere Rolle zumindest in ihrer Region spielen, die ihr gerecht wird und nicht nur Zaungast auf der weltpolitischen Bühne sein.

Europa als die Wiege der Demokratie und von elementaren Werten wie Freiheit, Gleichheit und vor allem Brüderlichkeit kann mehr. Nicht ohne Grund hat Europa zahlreiche Dichter, Denker, Philosophen, Wissenschaftler, Wirtschaftskapitäne und Künstler hervorgebracht, die weltweit ihre Spuren hinterließen und dieses auch zum Besseren veränderten. Da wäre es doch gelacht, könnten wir uns nicht auf unser inneres Potenzial und unsere Stärken zurückbesinnen. Dies wird aber nur gelingen, wenn wir ein gemeinsames Europa leben und unsere Kräfte bündeln und uns nicht bei diversen Krisen gegenseitig den schwarzen Peter in die Schuhe schieben.

Auf Stärken besinnen

Das enorme Potenzial, welches in Europa und den Menschen steckt, manifestiert sich in der sogenannten "Blauen Banane". Der französische Wissenschaftler Roger Brunet entwarf 1989 ein Modell, das er "la banane bleue" nannte, einen Raum der Verdichtung von Bevölkerung, Wirtschaft, Wissen, Kultur, Kapital, Medien und Infrastruktur. Er beginnt im Norden bei den alten englischen Industriezentren, umfasst die Ballungen Ruhr-Köln und Rhein-Main bis hin nach Stuttgart und München und reicht am Ende über die Schweiz und Oberitalien bis zur Hafenstadt Genua. Aufgrund der globalen Verflechtung und einem hohen Grad der Zentralität beeinflusst dieser Wirtschafts- und Kulturraum die gesamte Welt.

In Zusammenhang mit den sich selbst profilierenden Akteuren Trump und Putin ist es umso wichtiger, dass Europa sein eigenes klares Profil mit den damit verbundenen Werten und einem gesunden Selbstwertgefühl entwickelt.

Dies kann nur passieren, wenn sich Europa auf seine Stärken besinnt. Diese sind die kulturelle Vielfalt des kleinen Kontinents und das damit verbundene Wissen und die Weisheit aus einem reichhaltigen Erfahrungsschatz der langen Geschichte. Darauf kann der Turbokapitalist Trump mit seinem buntgewürfelten Beraterstab nicht aufbauen und auch dem früher in Deutschland stationierten einstigen KGB-Mann Putin ist dieses Know-How der Europäer zumindest im Unterbewusstsein bekannt, wenn man nicht den Fehler einer demonstrativen Zurschaustellung von Schwächen und Uneinigkeit macht. Denn wie sagte schon der deutsche Philosoph Immanuel Kant: "Wer sich zum Wurm macht, soll nicht klagen, wenn er getreten wird." Wir alle tragen unseren Teil dazu bei Europa wieder groß zu machen. (Daniel Witzeling, 3.1.2017)