Der steirische Landesobmann Philip Pacanda spricht sich für eine Nahverkehrsabgabe aus.

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Graz – Der Piratenpartei in Österreich wird nachgesagt, sie sei tot. Der steirische Landesobmann Philip Pacanda sieht das nicht so: "Ja, wir haben Schlagseite, aber wir sind nicht tot." Im Interview mit der APA sprach er von der Hoffnung, bei der Grazer Gemeinderatswahl nicht nur wieder in das Stadtparlament einzuziehen, sondern sogar ein Mandat dazuzugewinnen. 2012 schafften die Piraten 2,7 Prozent.

Zentrales Thema ihres Wahlkampfes ist das "Bürgerbudget", bei dem sie 60.000 Euro ihrer Parteienförderung für Projekte an die Bevölkerung zurückgeben. Mehrere Ideen seien in den vergangenen Wochen eingebracht worden, schilderte Pacanda. Darunter sind etwa das "Open Biolab" oder auch der "Realraum", ein offener und frei zugänglicher Hackerspace, ein Bastelraum für Elektronik, Chemie und Bio, zum kreativen Entwickeln und Forschen. Die Piraten wollen nicht nur, dass die Bürger selbst Geld für Projekte erhalten, sondern dass sie auch beim Budget der Stadt mitentscheiden dürfen.

Weitergabe von Parteienförderung

Mit der Weitergabe der Parteienförderung wandern die Piraten auf den Spuren der starken Grazer KPÖ, die seit Jahren Teile ihrer Politiker-Bezüge bedürftigen Grazern unbürokratisch weitergibt. Für Pacanda sind die beiden Initiativen aber nicht zu vergleichen: "Die KPÖ gibt Teile ihrer Gehälter weiter und wir schöpfen aus dem größeren Topf der Parteienförderung, das ist einmalig." Viel wichtiger wäre es ihm aber, die Förderung zu kürzen: "Das ist eine langjährige Forderung von uns. Mittlerweile fordern das auch andere Parteien, etwa die Neos. Doch es ist immer leicht zu sagen, dass etwas gekürzt werden soll, so lange man es selbst noch gar nicht bezieht."

Zum Murkraftwerk und der nicht stattgefundenen Volksbefragung haben die Piraten ein gespaltenes Verhältnis: "Von Befragungen mit den Antwortmöglichkeiten 'Ja' und 'Nein' halte ich nicht viel. Bürgerbeteiligung ist ein offener Diskurs. Hätte man beim Murkraftwerk eine Befragung gewollt, wäre diese auch möglich gewesen. Doch offenbar hatte man Angst vor dem Ergebnis."

Mehr Grün im öffentlichen Raum

Pacanda fiel in der vergangene Legislaturperiode vor allem mit dem Thema Mobilität und öffentlicher Verkehr auf. Letzterer gehöre ausgebaut und beschleunigt, meinte der Pirat. "Finanziert werden soll das von einer Nahverkehrsabgabe auf Dienstgeberseite im Großraum Graz. S-Bahn und Straßenbahn müssen noch besser vernetzt werden und dürfen nicht in der Stadtgrenze enden. Mittelfristig bin ich ohnehin für eine Eingliederung der Umlandgemeinden zum Stadtgebiet von Graz." Für den öffentlichen Raum stellt sich Pacanda eine "Entsiegelung der Böden" und mehr Grünraum vor, dafür solle man aber höher bauen können, so seine Ideen. Außerdem wollen die Piraten die Ordnungswache sowie die Verbote im öffentlichen Raum abschaffen. "Stattdessen braucht es mehr Polizei und Streetworker."

Nach Pacandas erster Legislaturperiode sind nicht alle Erwartungen erfüllt: "Ich dachte, dass alles schneller und einfacher geht. Aber die Realität hat gezeigt, dass trotz Beschlüssen vieles nicht umgesetzt wird. Das ist eine Farce. Ich bin mit dem Gedanken der Verbesserung in den Gemeinderat eingezogen, aber mit nur einem Mandat und keinem Ressort setzt eine Ernüchterung und gewisse Frustration ein." Es habe sich öfter die Sinnfrage gestellt, aber dennoch sei es wichtig, auch "von innen regelmäßig auf die Wunden zu drücken" – etwa auf das noch immer nicht Unesco-Altstadt-taugliche Dach bei Kastner und Öhler.

Würde Nagl nicht zum Bürgermeister machen

Sollte Pacanda wieder Zünglein an der Waage sein, würde er Siegfried Nagl (ÖVP) nicht zum Bürgermeister machen: "Wir haben auch das Budget 2017 nicht mitgetragen, obwohl wir damit Neuwahlen verhindern hätten können. Wir hatten Bedingungen, die Nagl offenbar nicht erfüllen wollte. Wir wurden zu keinen Budgetgesprächen eingeladen. Ich hatte aber auch den Eindruck, dass man die Neuwahlen gar nicht mehr verhindern wollte und lieber den anderen dafür die Schuld gab." Sollten die Piraten am erneuten Einzug in den Gemeinderat scheitern, will Pacanda Pirat bleiben und weitermachen – die Nationalratswahlen würden nahen, meinte er.

Als Budget für den Wahlkampf haben die Violetten in Graz 90.000 Euro, wobei 60.000 Euro in das "Bürgerbudget" fließen. Der Rest werde für Flyer, Infostände und Plakatständer ausgegeben. Unterstützung soll es aus Wien, aber auch von Piraten aus anderen Ländern wie wahrscheinlich Tschechien geben. (APA, 31.12.2016)