Wien – ÖVP-Seniorenbundchefin Ingrid Korosec will längeres Arbeiten stärker fördern. Im APA-Interview schlug sie vor, statt des gesetzlichen Pensionsalters nur einen Referenzwert festzulegen, die Zu- und Abschläge für längeres bzw. kürzeres Arbeiten sollten erhöht werden. Das ist einer der Punkte, die Korosec ins Arbeitsprogramm der Regierung aufnehmen will, das bis Ende Jänner überarbeitet werden soll.

Vorzeitige Neuwahlen lehnt Korosec ab. Die Seniorenbund-Präsidentin appelliert an die Regierung zu arbeiten und Reformen anzugehen, nicht zu streiten. Dass die Regierung ihr Programm jetzt adaptieren will, hält sie für gut und notwendig. Trotzdem glaubt Korosec nicht, dass die Legislaturperiode bis Herbst 2018 voll ausgeschöpft wird. Sie rechnet mit Wahlen im Frühjahr 2018 – einerseits weil bisher meist einige Monate früher gewählt worden sei und andererseits wegen der EU-Präsidentschaft im Herbst 2018.

Programm abarbeiten

Bis dahin sollte aber Vizekanzler und ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner gemeinsam mit Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) die Zeit für positive Lösungen nutzen und das adaptierte Regierungsprogramm abarbeiten. Ob dann Mitterlehner oder Sebastian Kurz für die ÖVP als Spitzenkandidat in die Wahl geht, müsse der Parteivorstand "dann entscheiden, wer die bessere Option ist". Vor der Wahl würden jedenfalls "die Karten neu gemischt". Dass es bereits jetzt am Wochenende in Parteivorstand und Parteileitung zu Personalentscheidungen kommen könnte – medial wurde über eine Ablöse mehrerer Minister spekuliert – glaubt Korosec nicht und hält sie auch nicht für notwendig.

Für das zu überarbeitende Regierungsprogramm wünscht sich die Seniorenbund-Chefin eine weitere Pensionsreform. Statt des gesetzlichen Pensionsalters sollte es nur noch einen Referenzwert geben. Dieser könnte zwar jetzt ebenfalls noch bei 65 Jahren liegen, mit steigender Lebenserwartung könnte er aber später auch steigen. Die Abschläge für Personen, die früher in Pension gehen, und die Boni für jene, die länger arbeiten, sollten versicherungsmathematisch genau berechnet und damit erhöht werden, schlägt Korosec vor. Unter den Ausgleichszulagenrichtsatz sollte die Pension aber nicht sinken können. Korosec geht es dabei darum, dass die Menschen selbst bestimmen können, wann sie in Pension gehen. Ihr langfristiges Ziel ist es, "mehr Dynamik in eine Gesellschaft des längeren Lebens " zu bringen.

Staat soll für Markt einspringen

Stärker fördern will die Seniorenbund-Präsidentin die zweite und dritte Pensionssäule. Sie wünscht sich etwa Steuererleichterungen und eine Verankerung einer Pensionskasse in allen Kollektivverträgen. Wenn durch etwaige Probleme auf dem Kapitalmarkt Verluste bei der privaten Vorsorge drohen sollten, sollte der Staat einspringen. Mit der zuletzt beschlossenen Reform wurden für das Arbeiten bis zu drei Jahre über das gesetzliche Pensionsalter hinaus die halben Sozialversicherungsbeiträge erlassen. Korosec wünscht sich nun als nächsten Schritt, die gesamten Sozialversicherungsbeiträge zu streichen.

Den bis 2021 verlängerten Pflegefonds hätte Korosec gerne im Dauerrecht. Zudem wünscht sie sich eine Vereinheitlichung der Strukturen und Finanzierung und damit eine bundeseinheitliche Planung. Der Rechnungshof habe schon mehrfach kritisiert, dass es auf das Bundesland ankomme, ob man mit dem Pflegegeld auskommt oder nicht.

Rechnungshof gefordert

Eine neue Initiative startet die Seniorenbund-Präsidentin zur Umsetzung von Rechnungshof-Vorschlägen. Der RH sollte jährlich in einem Bericht seine von der Politik nicht umgesetzten Vorschläge auflisten. Ein eigens vom Parlament einzusetzender Verwaltungsreform-Ausschuss sollte dann innerhalb von sechs Monaten entscheiden, welche Vorschläge davon umzusetzen seien und auch einen Zeitplan dafür erstellen.

Die Steuer- und Abgabenquote will Korosec unter 40 Prozent drücken. Als Beispiel führt sie die Unfallversicherung an, die für Beamte 0,47 Prozent beträgt, für Angestellte hingegen 1,3 Prozent. Hier kann sich Korosec ein Annäherung vorstellen.

"Bei gutem Willen" hält die Chefin der ÖVP-Senioren doch noch eine Einigung auf eine bundeseinheitliche Mindestsicherung für durchaus möglich. Wichtig wäre ihr dabei sicherzustellen, dass sich Arbeit lohnen müsse. Der Unterschied zwischen Erwerbsarbeit und Mindestsicherung sollte ihrer Ansicht nach 20 bis 25 Prozent netto betragen. (APA, 6.1.2017)