Der Jüngling vom Magdalensberg (Guss, 16. Jahrhundert) wurde 1806 von Salzburg nach Wien "entführt".

Foto: KHM Wien

Einblick in die Ausstellung "Schatzkammer Salzburg": Der Küriss des Fürsterzbischofs Lang von Wellenburg (links) wechselte einst in habsburgischen Besitz und befindet sich heute in der KHM Hof- und Rüstkammer (Wien).

Foto: Salzburg Museum/H. Kirchberger Photography

Wilfried Haslauer wusste die Bühne wohl zu nutzen, die ihm das 200-Jahr-Jubiläum der Angliederung Salzburgs an Österreich bescherte. Als Landesfürst brachte er zuwege, woran seine Vorgänger gescheitert waren. Als Verhandlungspartner fungierte Vizekanzler und Parteigenosse Reinhold Mitterlehner. Jüngst kündigte Kanzleramtsminister Thomas Drozda die Schenkung der Festung Hohensalzburg, der Neuen Residenz und weiterer vier Liegenschaften, nebst diversen Einrichtungsgegenständen, an. Das Vorhaben wurde von der Regierung bereits abgesegnet, fixiert wird die Übertragung erst mit einem Parlamentsbeschluss im angelaufenen Jahr.

Wichtiger Etappensieg

Endlich, ein wichtiger Etappensieg in einem seit Jahren schwelenden Disput um Vermögenswerte, die das einstige Fürstentum Salzburg bis 1816 sein Eigen nannte. Dazu gehören etwa von den Bundesforsten verwaltete Liegenschaften, viele historische Gebäude, aber auch Kunstschätze, die vor 200 Jahren zuerst an die Habsburger fielen und nach dem Ende der Monarchie in Staatsbesitz übergingen.

Im Jahr 2002 war der Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu der Erkenntnis gelangt, dass die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Bund und den Ländern noch ausstünde. Denn im Übergangsgesetz von 1920 war das hofärarische Vermögen nur vorläufig in das Eigentum des Bundes übertragen worden. Die endgültige Aufteilung – sowohl unbeweglicher als auch beweglicher Güter – bedürfe eines eigenen Verfassungsgesetzes.

"Wiener Zentralisten"

Davon ist freilich nicht nur das Land Salzburg betroffen, das, per Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom Oktober 2002, die Federführung von Verhandlungen mit dem Bund übernahm. Der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage im Mai 2006 zufolge strebt etwa das Land Tirol eine Übertragung der Innsbrucker Hofburg und des Schlosses Ambras an.

Eine knappe Dekade später nahm Salzburg im Vorfeld des Jubiläumsjahres einen neuen Anlauf. Im Dezember 2015 stellte Haslauer im Landtag die "Rückgabe bestimmter Kulturgüter bzw. -denkmäler an das Land" in Aussicht. Insbesondere solche von hohem Identifikationswert für das Land, die sich "im Eigentum der Wiener Zentralisten" befinden.

Dieser Stachel scheint tief zu sitzen, so tief, dass im Umfeld der Eröffnung der Landesausstellung gar die Begriffe "Raubkunst" und "Restitution" zu kursieren begannen. Im Gegensatz zu praktizierenden Juristen nehmen es studierte und nunmehr als Politiker aktive mit dem korrekten Einsatz solcher Termini offenbar nicht so genau.

Reiche Residenzen der Landesherren

Die Residenzen der Landesherren waren einst jedenfalls reich ausgestattet. Schließlich habe sich "keiner "Bescheidenheit" aufs Landeswappen schreiben lassen", betont Peter Husty (Chefkurator Salzburg Museum) in seinem Statement zur Landesausstellung. Vielmehr hinterließen sie "wohl bestellte Gemäldegalerien, kostbar ausgestattete Kirchen und Klöster, reich gefüllte Bibliotheken", eine in der "rund tausendjährigen Phase des Erzbistums" gewachsene Schatzkammer.

An dieser bedienten sich etwa Napoleon, der Großherzog Ferdinand von Toskana (1805/06), zwischendurch die Bayern (1810 bis 1816) und ab 1816 schließlich die Habsburger. Das, "was einst den Glanz Salzburgs ausmachte", wurde einfach nach Paris, München, Würzburg, Florenz oder nach Wien verschleppt.

200 bis 300 begehrte Objekte

Welche Kunstschätze das Land Salzburg genau aus Bundesbesitz begehrt, wollen Involvierte nicht öffentlich diskutieren. Im Büro des Landeshauptmanns wiegelt man ab. Es gehe um 200 oder 300 Objekte, und teils bedürfe es nur einer formellen Rückübereignung, erklärt Sprecher Thomas Kerschbaum.

Eine Liste will man auf STANDARD-Anfrage nicht übermitteln, da sie noch verhandelt würde. Auch das nun mit der Feinarbeit betraute Bundeskanzleramt winkt ab. Dem Vernehmen nach soll die Wunschliste auf etwa 70 Objekte reduziert worden sein, die teils als Leihgaben in der Jubiläumsschau Schatzkammer Salzburg gastierten.

Jetzt die Peanuts

Etwa aus dem Bestand des Kunsthistorischen Museums (KHM), darunter Objekte aus der Antikensammlung, der Kunstkammer, der Hofjagd- und Rüstkammer sowie der Gemäldegalerie. Dabei geht es nicht nur um kunsthistorische oder monetäre Werte.

Die wahre Brisanz lauert anderswo. Denn der Deal mit Salzburg hat das Zeug zum Präzedenzfall. Noch wird um vergleichsweise Peanuts gefeilscht, im Falle der einst vor allem in Schloss Ambras beheimateten Schätze stünde womöglich ein Kernbestand des KHM auf dem Spiel. (Olga Kronsteiner, 7.1.2017)