Das ist die Antwort auf den Kommentar des Obmanns des Freiheitlichen Familienverbands Niederösterreich, der im STANDARD erschienen ist ("Gernot Schandl: Sexualverbrechen: Höchste Zeit zu handeln").

Herr Schandl schreibt über seine Angst vor sexueller Belästigung durch Asylwerber und nähert sich der Problematik über die Methode des "In-sich-Hineinhörens" an. Er ist überzeugt, seine weiblichen Angehörigen – gemeint sind aber natürlich alle Frauen – könnten sich gegen österreichische Sexualstraftäter zur Wehr zu setzen, bei Fremden, also Flüchtlingen, sei diese Gefahr jedoch nur durch diverse Varianten von "Wegsperren" zu bannen.

Ruhig übergehen

Die Idee ist also im Grunde: Wenn sich Frauen gegen Österreicher aus ihrem Umfeld wehren könnten, so stellen die keine eigentliche Gefahr dar und können in weiterer Folge ruhig übergangen werden. In dieser Erzählung werden die heimischen Täter schon im Vorfeld unschädlich gemacht. Und hier zeigt sich, dass Schandl für seinen Kommentar tatsächlich bloß in sich hineingehorcht hat. Denn in der realen Welt sieht man es keinem Mann an, ob er eine Frau vergewaltigen würde oder nicht.

Liebes G'schau

Der Onkel mit dem lieben G'schau, der Mathelehrer Ihres Vertrauens, der sympathische neue Freund der Mutter – alles Männer, denen man das vielleicht nie zugetraut hätte. Die völlige Verharmlosung der Gruppe, aus der die meisten Vergewaltiger kommen, lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Es geht Schandl gar nicht so sehr um die reale Gefahr sexueller Gewalt, der Frauen ausgesetzt sind.

Wie bei all den selbsternannten Neofeministen seit der Kölner Silvesternacht 2015 dient das nur als Vorwand, um endlich nicht mehr lange fackeln zu müssen. Was sie wirklich wollen, ist, mithilfe dieser Angst hart durchzugreifen und Asylwerber möglichst weit wegzusperren. Dass niemand wegen seines Geschlechts oder seiner Hautfarbe kriminalisiert und eine Gruppe nicht unter Generalverdacht gestellt werden darf, ist ihnen dabei egal. Unter Berufung auf unsere "Schwestern und Mütter" wird der Kulturkrieg ausgerufen, und sexuelle Straftaten, sonst kaum ein Achselzucken wert, werden zu seinem Kanonenfutter.

Nein sagen

Ich kann Herr Schandl in einem einzigen Punkt recht geben: Es ist tatsächlich höchste Zeit. Reden wir über sexuelle Gewalt. Reden wir über eine Sexualkultur, die vorgibt, rohe Gewalt sei im Bett einfach immer geil, und Schmerzen seien still hinzunehmen. Reden wir über Scham, die Opfer in die Sprachlosigkeit treibt. Darüber, dass es sehr okay ist, zu jedem intimen Zeitpunkt Nein zu sagen, und dass das verdammt nochmal ausreichen muss.

Und lassen wir uns diese Debatte nicht aus der Hand nehmen von Leuten, die eigentlich über etwas ganz anderes reden wollen. (Sara Hassan, 7.1.2017)