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Gänzlich gestrichen wird Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nur sehr selten. Weiter verbreitet sind Sperren bei Selbstkündigung und kurzfristige Sanktionen bei Versäumen eines AMS-Kontrolltermins.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Wien – Mutmaßliche Arbeitsverweigerung sorgt regelmäßig für politische Aufregung – zuletzt im August, als die ÖVP eine Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose forderte. Wie verbreitet das Problem tatsächlich ist, zeigen die vom Arbeitsmarktservice erhobenen Zahlen, die nun für das Jahr 2016 vorliegen. Die Gesamtzahl der Sperren von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe ist demnach im Vorjahr um 1.373 oder 1,34 Prozent gestiegen – auf 103.804.

Während die Sperren wegen Versäumens der Kontrollmeldung oder wegen Selbstkündigung zurückgingen, stieg die Zahl der Sperren wegen Verweigerung oder Vereitelung der Arbeitsaufnahme deutlich. Diese eigentlichen Missbrauchsfälle betrafen im Vorjahr 16.557 Fälle oder rund 16 Prozent aller Sperren. Dieser Wert entspricht in etwa dem langjährigen Durchschnitt. Im Jahr 2015 waren es nur 14 Prozent.

In einem solchen Fall wird das Arbeitslosengeld oder die Notstandshilfe für sechs Wochen, im Wiederholungsfall für acht Wochen gesperrt. Bei gänzlicher Arbeitsunwilligkeit kann das Arbeitslosengeld auch ganz gestrichen werden.

Hintergrund: Mehr offene Stellen

Einschränkend muss erwähnt werden, dass parallel zu den Sperren im Vorjahr auch die Zahl der von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen gestiegen ist: 960.701 waren mindestens einen Tag des Jahres 2016 arbeitslos. Die prozentuelle Steigerung bei den Missbrauchsfällen war dennoch höher als jene bei der Arbeitslosigkeit.

Für AMS-Vorstand Johannes Kopf kein Grund für Alarmstimmung: "Hintergrund der höheren Zahl an Sperren wegen Verweigerung der Arbeitsaufnahme im Vorjahr ist vor allem die Tatsache, dass wir deutlich mehr offene Stellen haben und damit auch mehr Vermittlungsvorschläge machen können."

Großteil betrifft nicht Missbrauch

Der Großteil der Sperren betrifft keine Missbrauchsfälle: 56 Prozent der Sanktionen wurden 2016 wegen Versäumnis eines AMS-Kontrolltermins verhängt. Bleiben Jobsuchende dem vereinbarten Termin unentschuldigt fern, kann das Arbeitslosengeld bis zur neuerlichen Kontaktaufnahme (meist wenige Tage) vorübergehend gestrichen werden. Im Vorjahr war dies 58.270 Mal der Fall, was einen leichten Rückgang bedeutet.

Die restlichen 28 Prozent der Sperren betreffen die Wartefrist bei Selbstkündigung: Jobsuchenden wird bei Selbstkündigung die ersten vier Wochen kein Arbeitslosengeld ausbezahlt. Davon waren im Vorjahr 28.741 Personen betroffen, was ebenfalls einen leichten Rückgang bedeutet.

Regionale Unterschiede

Je nach Bundesland gibt es bei der Verhängung von Sanktionen durch das AMS erhebliche Unterschiede. Die größten Schwierigkeiten mit der Einhaltung von Terminen – vor allem bei jugendlichen Arbeitslosen – hat Wien zu verzeichnen. AMS-Chef Kopf sprach unlängst von einem "Mentalitätsproblem", das sich auch in höheren Krankenständen äußere.

Für die teils erheblichen Unterschiede bei den Sperren wegen Arbeitsunwilligkeit hat Kopf mehrere Erklärungsansätze. Neben der Zahl der offenen Stellen pro Arbeitssuchendem – die für Kopf den stärksten Einfluss hat – spiele auch der Kontakt der Betriebe zu den lokalen AMS-Stellen eine Rolle. In ländlichen Gegenden kenne man einander eher, das führe zu mehr Rückmeldungen und somit auch zu mehr Sperren, vermutet Kopf. In Wien wiederum würden die Betriebe oft so viele Vorschläge für potenzielle Kandidaten bekommen, dass es ihnen zu mühsam werde, für alle Rückmeldungen beim AMS zu geben.

AMS-Chef: "Weniger Arbeitsunwillige, als man glaubt"

Eine "Teilschuld" liege aber wohl auch bei den AMS-Stellen. "Die Vollziehung könnte manchmal konsequenter sein." In Wien sei das unter anderem mit Personalrückstand erklärbar, der erst langsam aufgeholt werde.

Ein großes Problem mit kompletter Arbeitsunwilligkeit bei arbeitslosen Personen sieht Kopf nicht. "Es sind viel weniger, als man glaubt", sagte der AMS-Vorstand kürzlich. (red, 9.1.2017)