Die Karibikinsel Guadeloupe besteht aus den beiden Teilen Grand-Terre und Basse-Terre in Form eines Schmetterlings. Auf der einen Seite der Insel reiht sich ein Traumstrand an den nächsten, wo faustgroße Muscheln zu finden sind.

Foto: Kopitschek

Auf der anderen Seite gibt es tiefen Dschungel, bezaubernde Wasserfälle und den Vulkan La Soufrière.

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Und nicht zu vergessen die Rumdestillerien, die den starken Rum noch mithilfe alter Gerätschaften erzeugen.

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Und paradoxerweise den täglichen Stau.

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Das Leben im Paradies, unter Palmen, herrlich. Sonne, Strand und Meer, und das jeden Tag. Ja, da könnte man schon neidisch werden. Doch die Entscheidung, hierher zu kommen und die Seele baumeln zu lassen, steht jedem frei: also Schluss mit Sudern und Koffer packen! Guadeloupe lautet das Passwort für den Sesam des Glücks. Und das Beste daran ist, die schmetterlingsförmige Insel liegt mitten in der Karibik und gehört doch zur EU.

Den Grund, warum es zur EU gehört, sollte man dennoch nicht vergessen: Als ehemalige Kolonie gehört es nun zu Frankreich, ist quasi Frankreich außerhalb der "Métropole", wie die Franzosen das Festland nennen. Daraus ergibt sich auch das französische Flair hier, mit Palmen eben. Ungefähr 90 Prozent der Bevölkerung sind schwarz, zehn Prozent weiß. Und traurig, dass im 21. Jahrhundert hier noch immer gewisse Ressentiments spürbar sind. Die Weißen, "Békés" genannt, werden als privilegiert empfunden, sie sind Nachfahren der ehemaligen Grundbesitzer, denen Sklavenhaltung nicht fremd war.

Auszeit im Paradies

Natürlich kann man nicht alle in einen Topf werfen, viele haben dem Leben in Europa den Rücken zugekehrt oder suchen einfach eine Auszeit im Paradies. Und warum auch nicht? Hier beschränken sich die Sorgen lediglich darauf, ob die Wellen gut genug zum Surfen sein werden und ob genügend Limetten für einen "Ti-Punch" im Garten gewachsen sind. "Ti-Punch" ist sozusagen das Nationalgetränk auf Guadeloupe – mit dem traditionellen sehr starken Rum, der direkt von der Schmetterlingsinsel kommt. Ein Getränk aus braunem Zucker, weißem Rum und Limetten, so beginnt jedes Treffen. Bier ist ohnehin zu teuer.

Nun, wer jetzt aber denkt, das Inselleben wäre weniger entwickelt als in Europa, der irrt. Alles ist sehr europäisch, natürlich mit stark französischem Einschlag und leider auch teurer. Vieles ist sogar extremer als in Europa, zum Beispiel das Konsumverhalten, paradoxerweise. Ja gut, bei der SCS ist es samstags auch schwer, einen Parkplatz zu finden, aber beim hiesigen Einkaufszentrum ist das jeden Tag so.

Stau statt Strand

Das liegt nicht nur am Konsumwahn der Menschen hier, sondern vor allem daran, dass hier jeder, aber auch wirklich jeder ein Auto besitzt. Folglich ist es ein Paradies für Importeure. Die Markenvielfalt beschränkt sich wie überall in Frankreich auf französische Erzeugnisse à la Peugeot 206. Doch auch Exoten wie ein BMW X6, Nissan Juke oder Mercedes GLK kommen einem unter.

Grundsätzlich nicht so schlimm, wenn jeder ein Auto hat, das ist beispielsweise im Waldviertel nicht anders. Dort ist ja ein Vorankommen ohne fahrbaren Untersatz auch schwierig bis unmöglich. Der Unterschied zum hohen Norden Österreichs ist, dass genügend Platz dafür vorhanden ist. Anders auf Guadeloupe: Die Insel quillt quasi über vor Autos. Es staut jeden Tag, weil es natürlich bis auf ein paar zweispurige Schnellstraßen zwischen den Inselteilen Grand-Terre und Basse-Terre nur Landstraßen gibt. Das ist ungefähr wie Stau von Korneuburg bis Wien. Ein bisserl kann man sich durch Abkürzungen zwischen Zuckerrohrfeldern helfen, aber da sollte man die Insel schon gut kennen, sonst könnte es passieren, dass man bei der falschen Palme abbiegt.

Das Busnetz

Dann gäbe es da noch den Bus. Das Busnetz ist hier definitiv besser ausgebaut als im Waldviertel. Die Busse kommen im 30-Minuten-Takt, und wenn man dem Fahrer rechtzeitig Bescheid gibt, kann man direkt vor der Haustüre aussteigen. Zudem sind die Fahrzeuge nagelneu, sauber und doch komplett leer. Denn ein Auto wird hier nicht nur mit mehr Freiheit, sondern auch mit Fortschritt in Verbindung gebracht.

Radfahrer? Doch, gibt's auch, ein paar Mutige zumindest. Die dürfen auch auf der Schnellstraße fahren. Selbiges gilt für Mopeds und Motorräder, ebenfalls relativ gefährlich, einfach weil der Fahrstil etwas "abstrakter" ist als im geordneten Europa. Oder das zweirädrige Vehikel wird einem unterm Allerwertesten weggestohlen ...

Sprachbarrieren

Abgesehen davon ist es hier einfach nur paradiesisch, mit Amtssprache Französisch. Um diese kommt man nicht herum, denn Englisch spricht kaum jemand. Die Sprache der Einheimischen ist jedoch Kreol, auch mit passablen Französischkenntnissen schwer zu verstehen, vergleichbar mit Deutsch und Vorarlbergerisch.

Langeweile kommt bestimmt nicht auf, denn die Möglichkeiten reichen vom Traumstrand mit türkisblauem Wasser, Surfen, Schnorcheln über Segeln bis zum Vulkanklettern. Zudem sind die kleinen umliegenden Inseln leicht mit der Fähre zu erreichen. Dort gibt es dann noch einsamere Strände, noch stärkeren Rum – und die besten Tauchspots. (Madeleine Kopitschek, 13.1.2017)