Bild nicht mehr verfügbar.

Hello Barbie kann dank Rechenpower aus der Cloud Gespräche mit ihren kindlichen Eigentümern führen. Datenschutzrechtler warnen vor Überwachung und Spionage.

Foto: AP/Mark Lennihan

Bild nicht mehr verfügbar.

Eines der vielen Smart Toys, die bereits auf dem Markt sind: Der interaktive Bär hört zu, spricht, merkt sich angeblich den Namen des Kindes, das ihn besitzt, und lässt sich via App steuern.

Foto: AP/Mattel

Wien – Sie sei "fast wie eine richtige Freundin", steht auf der Produktwebsite der Puppe Cayla, die mit dem Internet und einer Smartphone-App verbunden werden kann. Cayla antwortet auf Fragen, erzählt Geschichten und spielt mit Kindern via App. Doch eine Untersuchung der norwegischen Konsumentenschutzorganisation Forbrukerradet zeigt, wie unzuverlässig diese Freundin aus dem "Internet of Toys" ist: "Die Ergebnisse deuten auf ein fehlendes Bewusstsein bezüglich des Rechts der Kinder auf Datenschutz und Sicherheit hin", wird dort zusammengefasst.

Cayla sowie das ebenso untersuchte Roboterspielzeug I-que, beide aus dem Haus des US-amerikanischen Herstellers Genesis Toys, würden es leicht machen, die ungesicherte Bluetooth-Verbindung zu hacken und die Unterhaltungen zwischen Kind und Puppe zu belauschen.

Chancen und Unsicherheiten

Doch damit nicht genug: Die Eingaben gehen an ein Unternehmen, das auf Spracherkennung spezialisiert ist, extrahierte Informationen könnten an weitere, dritte Parteien gehen. Die Konsumentenschützer schätzen die Geschäftsbedingungen zudem als nicht EU-konform ein. Persönliche Daten können etwa für gezielte Werbung verwendet werden. Und zu guter Letzt macht die Puppe auch noch selbst Werbung. Cayla redet etwa gern darüber, wie toll sie Disney-Filme findet.

Zweifellos haben viele der neuen vernetzten und smarten Spielzeuge gewinnbringende Eigenschaften: Manche Robotik-Baukästen sind so designt, dass Kinder bereits viel über Programmierung lernen, noch bevor sie lesen können. Puppen, die Wissensfragen beantworten, könnten lehrreicher sein als TV-Berieselung. Doch Cayla gibt einen Vorgeschmack darauf, welche datenschutzrechtlichen, technologischen und ethischen Unsicherheiten mit einer Etablierung des Internets der Dinge im Kinderzimmer auf Familien und Gesellschaft zukommen.

Pinocchios Traum

"Der Traum vom Spielzeug, das zum Leben erwacht, ist uralt", sagt Louise Horvath vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT). Die Faszination, die von den neuen Spielzeugtechnologien ausgehe, sei verständlich. Von der Holzpuppe Pinocchio bis zu neuen Animationsfilmen, die lebendiges Spielzeug vorführen, zieht sich das Thema durch die Zeiten.

Horvath untersucht im Rahmen eines österreichischen Internet-of-Toys-Projekts mit Kollegen ein Jahr lang die vielfältigen Chancen und Risiken, die mit dem Thema verbunden sind, um sie zielgruppengerecht für Entwickler, Eltern und Handel aufzubereiten. Das Projekt wird im Rahmen des Förderprogramms Netidee von der Internet Foundation Austria (IPA) unterstützt. Das ÖIAT, das auch die Initiative Saferinternet.at koordiniert, ist Mitglied der Austrian Cooperative Research (ACR).

Datenschutzrechtlich brisante sogenannte Connected Toys wie Cayla seien im österreichischen Handel noch nicht allzu oft anzutreffen, sagt Horvath. Von ihnen unterscheidet sie Smart Toys, die, ohne mit dem Netz verbunden sein zu müssen, eine komplexere Interaktivität aufweisen – etwa Dinofiguren, die auf Gestensteuerung reagieren, oder personalisierte Kuscheltiere. Ein boomendes Genre – das sich zugleich als Kostenfalle erweisen kann – sind Toys-to-life, bei denen physische Spielfiguren, die man kaufen und sammeln kann, in ein Videospiel übertragen werden können.

Undefinierte Grenzen

Mit dem Trend zu personalisierten Spielzeugen kündigen sich ethische Fragen an, die nicht leicht zu entscheiden sein werden. Per App übermittelt man etwa Namen und Tagesablauf an Puppe oder Teddybär, die dann entsprechend auf die Kinder reagieren. Muss das Kind um sieben Uhr schlafen, könnte auch der Teddy kurz davor müde werden. Verweigert das Kind Gemüse, könnte die Puppe das Vorbild geben, das Spinat besonders gerne mag. "Die Artikel, die wir jetzt testen, sind noch nicht so ausgefeilt. Viele Kinder sind aber schon fasziniert, wenn die Puppe sie per Namen anspricht", so Horvath.

Wie weit dürfen die elterliche Kontrolle und die Manipulation der Kinder mithilfe von Spielzeug aber gehen? "Hat das Kind das Recht, dass sein Gespräch mit seinem imaginären Freund nicht indirekt durch die Erziehungsberechtigten gelenkt wird?", fragt Horvath. "Wenn das Verständnis, das wir von einer Puppe haben, immer mehr in Richtung Computer und Roboter geht, stellt sich die Frage, inwieweit die Eltern das ihren Kindern erklären und diese das wiederum verstehen können."

Die Puppe als Zeugin

Und was ist, wenn die Erwachsenen zur Bedrohung werden und die Aufzeichnungen einer Puppe einen sexuellen Missbrauch belegen? Muss der Betreiber der assoziierten Datendienste die Straftat melden und die Daten herausgeben? "Wenn Daten aufgezeichnet werden, stellt sich über kurz oder lang die Frage: Was kann und darf man damit machen?" Ähnlich wie bei Smart-Home-Applikationen und digitalen Assistenten, mit denen man Gespräche führt, steht auch bei den Spielzeugen die Debatte zumindest in Europa erst am Anfang.

In den USA künden zahlreiche Datenschutzprozesse und -kampagnen gegen Cayla und ihre berühmte Schwester Hello Barbie vom Unwohlsein angesichts des "Spions im Kinderzimmer". Gegen die WLAN-Barbie, die tausende Smalltalk-Sätze aus der Cloud laden und zu einem Gespräch mit ihrem menschlichen Gegenüber fügen kann, laufen Datenschützer Sturm. Die Angst vor Missbrauch der Gespräche etwa zu Marketingzwecken gipfelte in Kampagnen wie "Hell No Barbie", die zehntausende Unterschriften sammelte. Die Überwachung der Kinder durch die Eltern wird durch wöchentlich zugestellte Audiofiles von den Gesprächen ermöglicht.

Aufklärung nötig

"Es wird sicher neue Regelungen brauchen", sagt Louise Horvath. In ihrem Projekt sollen etwa Leitfäden und Empfehlungen für den Handel entstehen. "Die Eltern brauchen Hilfe bei der Auswahl. Sie müssen erkennen können, was hier überhaupt verkauft wird. Auch der Verkäufer muss wissen, was die Puppe kann und welche zusätzlichen Geräte sie benötigt, um zu funktionieren." Heute stünden in den Geschäften konventionelle und smarte Spielzeuge oft ohne besonderes Erkennungsmerkmal nebeneinander.

Zulassungsprüfungen könnten sich künftig auf Datensicherheit genauso wie bisher auf sichere Materialien konzentrieren. Ganz verschließen kann man sich letzten Endes als Elternteil dem Problem nicht. "Selbst wenn man die Spielzeuge für das eigene Kind ablehnt, kann es im Umfeld einer Gruppe davon betroffen sein", so Horvath. Sowohl bei den Kindern, die mit der neuen Technik konfrontiert sind, als auch bei den Eltern, die letztendlich die Verantwortung tragen, bedarf es Aufklärung. Der Ruf nach einer Vermittlung von Medienkompetenzen schon in jungen Jahren wird angesichts der smarten Spielzeuge mit potenzieller Überwachungsfunktion noch lauter. (Alois Pumhösel, 13.1.2017)