Bregenz – Acht Jahre wurde geplant und diskutiert, sechs Millionen Euro wurden investiert. Nun wird doch nichts aus der Überbauung an der Bregenzer Bahnhofstraße. Bernhard Ölz (Projektentwickler Prisma), Marcus Wild (SES Spar European Shopping Centers GmbH) und Guntram Drexel für die JDL Leasinggesellschaft mbH kommunizierten in den Räumlichkeiten der Mitbesitzerin Hypo Bank am Freitag "mit größtem Bedauern" das Scheitern des Vorhabens. Als Grund geben sie die unerwartet hohen Baukosten an.

Ursprünglich habe man mit einem Investitionsvolumen von 100 Millionen Euro für 14.000 Quadratmeter Einkaufsfläche, 1.500 Quadratmeter Büros und 65 Mietwohnungen gerechnet, sagt Ölz. "Heute stehen wir bei 140 Millionen Euro mit Unsicherheiten nach oben." Dieses Investment wäre nicht wirtschaftlich, sagt Guntram Drexel, der mit der Familienfirma JDL auch den Messepark in Dornbirn besitzt, Vorarlbergs größtes Einkaufszentrum.

Tiefgarage im Seegrund zu teuer

Kostentreiber sei vor allem die zweigeschoßige Tiefgarage in dem für die Betreiber unerwartet schlechten Untergrund. Ein weiteres Problem blieb nicht unerwähnt: die wachsende Konkurrenz im deutschen Bodenseeraum durch mehrere geplante Einkaufszentren. Marcus Wild von SES hätte für das Projekt und vor allem für Bregenz große Chancen gesehen. So bleibe Bregenz nun im Vergleich der Landeshauptstädte an letzter Stelle bei Handelsflächen.

Einerseits große Chancen, andererseits mangelnde Wirtschaftlichkeit: Die tatsächlichen Beweggründe für den Stopp des Projekts blieben ungesagt. Brancheninsider vermuten einen Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Messeparks im wenige Kilometer entfernten Dornbirn.

Architektenkritik gab nicht den Ausschlag

Nicht ausschlaggebend für die Entscheidung war, so die Darstellung von Ölz, die Kritik der Architekteninitiative "See und Stadt und Bregenz". Die Initiative habe die Entscheidung vielleicht beschleunigt, aber nicht mehr. Ölz: "Es ist unsere Entscheidung. Wir suchen keine Schuldigen." Man bleibe offen für gute Ideen und Anregungen. Vielleicht ergebe sich ja ein Projekt in den nächsten Jahren, für das nicht so viele Parkplätze benötigt würden.

Bürgermeister Markus Linhart (VP), der das Projekt gegen Kritik der Bürgerinitiativen vehement verteidigt hatte, nimmt die Entscheidung "emotionslos" zur Kenntnis. Sie trage der aktuellen Stimmung Rechnung, spielt Linhart auf die Architekteninitiative an.

Während die Betreiber sagen, keine Alternative zu planen, hofft Linhart auf ein neues Projekt. "Ich glaube, da rauchen schon die Köpfe." Einen Verkauf des 9.000 Quadratmeter großen Areals schließt Ölz aus, man wolle weiter den Parkplatz betreiben.

Die Grünen, in Bregenz für die Stadtplanung verantwortlich, fordern nun einen Einstieg der öffentlichen Hand. Stadt und Land sollten "öffentliche Nutzungen ansiedeln".

Seequartier wird gebaut

Nicht verschoben wird die Verbauung des benachbarten Seequartiers mit der Neugestaltung des Bahnhofsareals. Marcus Wild von SES hatte das bei der Pressekonferenz angedeutet. Hubert Rhomberg, Projektsprecher der Betreiberfirmen Rhomberg, Schertler und Zima: "Wir werden durch die Entwicklungen auf dem Nachbargrundstück unseren Projektplan etwas adaptieren."

Der neue Bahnhof, das vorrangige Projekt der mehrphasigen Verbauung, solle "so schnell wie möglich" gebaut werden, sagt Rhomberg. Der erste Schritt dazu sei der Bau einer Unterführung zwischen Bahnhof und Festspielgelände. Da liegt der Ball aber bei Stadt, Land und ÖBB, die noch über die Finanzierung verhandeln. Mit Bahnhof und Busterminal sollen zwei Wohntürme, geplant von dem Architekturbüro Baumschlager Eberle, errichtet werden.

Doch auch im Seequartier rumort es. Ob der dritte Bauträger im Seequartier, die Zima, an Bord bleibt, ist ungewiss. Man diskutiere einen Ausstieg, habe aber noch keine Entscheidung gefällt, sagt Sprecher Markus Hämmerle. (Jutta Berger, 13.1.2017)