Sandra Cervik als Hedy Lamarr.

Foto: Herbert Neubauer / APA

Wien – Sechs Ehen, drei Kinder, eine technische Erfindung, zwei Nacktszenen und eine turbulente Hollywood-Karriere: Die schillernde Biografie der Hedy Lamarr, 1914 in Wien als Hedwig Kiesler geboren, birgt Gründe genug für eine Hommage. Als "schönste Frau des Jahrhunderts" galt sie obendrein.

Das fasziniert vor allem Männer bis heute: Geschäftstüchtig sein und schön, glamourös und klug. 2005 veröffentlichte Wilhelm Pellert das Monodrama Hedy Kiesler Lamarr. Nun hat Peter Turrini das abenteuerliche Frauenleben zu einem Theaterstück inspiriert.

Was aber anstellen mit einem so prallen, jede Fiktion übertreffenden Lebensweg? Turrini fügt in Sieben Sekunden Ewigkeit den verbrieften Pointen der Lamarr-Existenz eigene Fantasien hinzu. Ein befreiender Gedanke, der dem Text allerdings nicht aus seinem Korsett ein wenig fad aneinandergereihter Anekdoten hinaushilft.

So schwebt dem österreichischen Dramatiker beispielsweise vor, die Diva hätte anlässlich der Dreharbeiten zum Film Ekstase (1933), durch den die damals 18-Jährige wegen ihrer Nacktszenen Bekanntheit erlangte, auch den "saugfähigen Tampon" erfunden. Im Theater in der Josefstadt, wo das Stück am Donnerstag von Regisseurin Stephanie Mohr uraufgeführt wurde, zieht ein Schmunzeln durch den Saal.

Bild der Einsamkeit

Erfunden hat die im Jahr 2000 verstorbene Schauspielerin bekanntlich das Frequenzsprungverfahren, das entschieden weniger Fantasie freisetzt. Die Datenübertragungstechnik kam zunächst bei der Fernsteuerung von US-Marine-U-Booten zum Einsatz, auf ihr fußt die heutige Telekommunikation. Die dazugehörigen Konstruktionszeichnungen liegen im Josefstadt-Theater als Projektion über der Bühne (Miriam Busch): ein Steg mit rückwärtiger Kinoleinwand, darum herum Schaufensterpuppen als Spiegelbilder und Möglichkeitsformen der Hedy Lamarr. Auch ein Bild der Einsamkeit.

Sandra Cervik stülpt sich in einem beachtlichen Solo und in wechselvollen Choreografien die Kostüme des Lamarr-Lebens über einen gepolsterten Nacktsuit – von der großen Robe bis zum rosaroten Hollywood-Senioren-Pyjama. Sie vermag in diesem als Bekenntnisgespräch mit einem Polizisten gebauten Stück einiges von jener Verve zu entfachen, von der die Lamarr vermutlich beseelt war: Schalk, Glanz, Kraft, Tristesse.

Zwei Nacktszenen

Turrini legt der namentlich nie genannten "Frau" grobschlächtige Sätze in den Mund. Eine Menge "Titten"-Deutsch säumt den Weg. Ist das das Wienerische? Das Turrinische? Das Lamarrsche? Schießt hier eine Frau verbal dafür zurück, dass sie zeit ihres Lebens mit zwei Nacktszenen in Verbindung gebracht wurde? Das hätte Hedy Lamarr wohl nur einen müden Lacher gekostet. Aber wer weiß. Personality-Formate, selbst ein leicht fiktionalisiertes wie dieses, gleichen Lotteriespielen. (Margarete Affenzeller, 13.1.2017)