Ü, Ü, Ü ist wieder da: Ümit Korkmaz im Jänner 2017.

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Ümit Korkmaz am Höhepunkt seiner Karriere. Im Juni 2008 entzückte er bei der Heim-EM Österreichs Fans. Das Scheitern in der Gruppenphase vermochte er freilich nicht zu verhindern. 0:1 gegen Kroatien, 1:1 gegen Polen (Foto), 0:1 gegen Deutschland. Danach ging es mit ihm nicht nur bergauf, insgesamt bestritt er nur zehn Länderspiele.

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Wien – Ümit Korkmaz ist heimgekehrt. Nicht ganz, aber fast. Das Rapid-Stadion liegt zwar in der Nähe seiner Wohnung im 14. Wiener Gemeindebezirk, aber es ist doch unerreichbar. Der 31-Jährige hatte davon geträumt, seine Karriere bei seinem Stamm- und natürlich auch Herzensklub fortzusetzen oder gar zu beenden. Aber in Hütteldorf wird Personal abgebaut, der Kader ist aufgebläht, Korkmaz passt nicht ins Konzept. "So ist das, kein Grund zur Traurigkeit. Manche Türen sind eben zu." Andere wiederum, sagt Korkmaz, gingen dafür auf. "Irgendwer klopft immer an. Du musst aufmachen und ihn höflich reinbitten."

Ümit Korkmaz hat seit Samstag einen neuen Job. Der SKN St. Pölten hat angeklopft. Korkmaz vermochte im Probetraining zu überzeugen, sein Manager Max Hagmayr und Sportdirektor Frenkie Schinkels sind sich über ein Vertrag bis Saisonende einig. Und Korkmaz sagt über den Tabellen-Neunten der Fußballbundesliga, ohne vor Scham rot anzulaufen: "Es ist eine Topadresse. Ich kann Fußball wieder leben, werde alles geben."

Bei Rapid ging es schnell

Ümit Korkmaz wurde im September 1985 in Wien geboren. Ein klassisches Gastarbeiterkind, die Eltern waren aus der Türkei eingewandert und sind geblieben. "Sie habe hier 40 Jahre hart gearbeitet." Ümit kickte im Beserlpark, sein erster Verein war Wacker Wien, der wurde 1996 aufgelöst. Wechsel zu Slovan/HAC und ab 2005 ist es ganz schnell, sozusagen rapide, gegangen. Er wurde von der zweiten Rapid-Mannschaft verpflichtet, Korkmaz führt diese zum Titel in der Stadtliga, er zerriss sich an der linken Seite im Mittelfeld, manchmal war es die rechte.

Monate später erhielt er einen Profivertrag für die Erste, Korkmaz hatte binnen eines Jahres vier Leistungsklassen übersprungen. Am Meistertitel 2008 hatte er keinen geringen Anteil. Trainer war damals Peter Pacult, der hat das Image, ein nicht unkomplizierter Mann zu sein. "Ich konnte aus seinem Gesicht lesen, ob er mich einsetzt oder nicht. Ich durfte das tun, was ich am besten kann: Fußballspielen. Ich musste nicht groß nachdenken, bin einfach nur gelaufen." Als Höhepunkt bezeichnet er das 7:0 bei Red Bull Salzburg. "Ich war Teil dieser legendären Partie."

Josef Hickersberger ("Ein Sir") berief ihn ins Team, Korkmaz wurde für die Heim-EM nominiert und gegen Kroatien, Polen und Deutschland auch eingesetzt. Er erreichte fast Kultstatus, 50.000 Fans riefen im Happel-Stadien "Ü, Ü, Ü, Ümit". Achteinhalb Jahre später wird ihm noch warm ums Herzerl. "Gänsehaut pur. Die Gesichter meiner Eltern, den Stolz in ihrem Blick, das werde ich nie vergessen. Ich war ihr Glück."

Pech und Neustart in Klein-Hütteldorf

Korkmaz wurde von Eintracht Frankfurt verpflichtet, Rapid kassierte rund drei Millionen Euro Ablöse. "Der Transfer war kein Fehler." Das Abenteuer deutsche Bundesliga begann mit einem Mittelfußknochenbruch, ein weiterer sollte folgen. "Der Stress war der Grund. Vielleicht war ich für meinen Körper zu schnell. Aber wäre ich nicht gerannt und hätte ich nicht die unmöglichsten Bälle erkämpft, wäre ich nicht der Ümit." Er wurde nach Bochum und Ingolstadt verliehen, 2014 heuerte er in der Türkei bei Rizespor an. Die ersten Monate sind laut Korkmaz durchaus okay gewesen, danach wurde es undurchschaubar. "Die Vereine achten nicht darauf, ob ein Trainer zum Klub passt. Es gibt Intrigen und Machtkämpfe." Die Türkei sei ihm ein wenig fremd gewesen. "Man fühlt sich in der Freiheit eingeengt. Für einen echten Wiener war es da schwierig. In die Türkei fährt man auf Urlaub."

Ümit Korkmaz ist also heimgekehrt. In St. Pölten winkt ein Wiedersehen mit Christopher Drazan und Andres Dober, ein Klein-Hütteldorf in Groß-Niederösterreich. Er hat Geld auf der Kante, St. Pölten wird ihn nicht mit großen Scheinen überhäufen. "Sicher ist Geld wichtig. Manche Leute sterben sogar mit Geld besser." Er habe keine Angst, dass ihm die Zeit "davonrennt. Ich spiele, solange es geht. Es darf aber nie lächerlich werden." Korkmaz ist überzeugt, "dass an meiner Tür weiterhin angeklopft wird". (Christian Hackl, 14.1.2017)