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Im Visier der Fidesz-Regierung: George Soros.

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Orbán will aufräumen.

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Ungarns rechtspopulistischer Ministerpräsident Viktor Orbán bläst zur Jagd auf einen neuen Feind: auf regierungskritische Menschen- und Bürgerrechtsvereine sowie Korruptionsaufdecker. "Diese Organisationen müssen mit allen Mitteln von hier weggeputzt werden", erklärte Szilárd Németh, Vizefraktionschef der Orbán-Partei Fidesz, Anfang vergangener Woche. Konkret nannte er in der Folge drei NGOs (Nichtregierungsorganisationen), für die es in Ungarn keine Zukunft geben dürfe: die Gesellschaft für Freiheitsrechte (TASZ), das Ungarische Helsinki-Komitee (MHB) und den ungarischen Ableger von Transparency International (TI).

TASZ und MHB legen immer wieder dar – unterfüttert mit juristischer Expertise – wie die Orbán-Regierung im Umgang mit Asylbewerbern inländisches und internationales Recht verletzt, etwa bei der gewaltsamen Rückschiebung von Flüchtlingen über die Grenze nach Serbien. Beide NGOs setzen sich außerdem in anderen Bereichen für die Einhaltung von Menschen- und Bürgerrechten ein. TI beschäftigt sich wiederum mit der im Land grassierenden Korruption. Alle diese NGOs finanzieren sich zum Teil aus Projektgeldern, um die sie sich bei Stiftungen des ungarischstämmigen US-Philanthropen George Soros bewerben.

Als junger Mann war Soros in London ein Schüler des liberalen Philosophen Karl Popper ("Die offene Gesellschaft und ihre Feinde"). Nun gilt er Orbán – 1989/90 war er selbst ein Soros-Stipendiat – als Gottseibeiuns des Globalismus. Mehrfach bezeichnete er ihn als Kopf einer mysteriösen "Hintergrundmacht", die darauf abzielen würde, Ländern wie Ungarn die "nationalen und christlichen Werte" zu rauben, um sie ei- ner gottlosen "Multikulti-Weltordnung" einzuverleiben.

Bereits in seinem letzten Interview vor der Jahreswende für ein regierungsabhängiges Internetportal hatte Orbán angekündigt, dass "das Jahr 2017 von der Verdrängung der Kräfte aus Europa künden wird, die durch Soros verkörpert sind". Der Regierungschef ist ein glühender Fan des nächsten US-Präsidenten Donald Trump. Er setzt alle Karten darauf, dass der von Trump angestrebte Kuschelkurs mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin die Verhältnisse in Europa neu definieren wird. In Sachen NGOs stellten ungarische Regierungsvertreter in Aussicht, gemeinsame Vorstöße mit den anderen Visegrád-Staaten (Tschechien, Slowakei, Polen) sowie mit Rumänien ins Auge zu fassen.

Keine Subventionen

Ein offenes Verbot der missliebigen Vereinigungen würde gegen inländisches und europäisches Recht verstoßen. Fidesz-Politiker kündigten deshalb als ersten Schritt an, die Leiter von NGOs, die Geld aus dem Ausland bekommen, zur Abgabe einer Vermögenserklärung zu verpflichten. Dabei sind es gerade diese NGOs, die in Ungarn kein Geld von der öffentlichen Hand bekommen, sich also im Gegensatz zu Politikern und Pro-Regierungs-Aktivisten gar nicht auf Kosten der ungarischen Steuerzahler bereichern können.

Außerdem könnten Regierungsmedien Details aus diesen Vermögenserklärungen für Diffamierungskampagnen nutzen. Der Unterschied zu den russischen Anti-NGO-Gesetzen, die diese Vereinigungen zu "ausländischen Agenten" abstempeln, dürfte minimal ausfallen. (Gregor Mayer aus Budapest, 16.1.2017)