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Samsung-Vizechef Lee Jae-yong steht unter massivem Korruptionsverdacht.

Foto: : AP/ Lee Jin-man

Im Volksmund wird Südkorea ehrfürchtig Samsung-Republik genannt. Das Unternehmen generiert knapp ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts, beschäftigt im In- und Ausland fast eine halbe Million Angestellte. Und dennoch tickt der internationale Mischkonzern im Kern noch immer wie ein feudal geführter Familienbetrieb: Als Thronfolger in dritter Generation gilt Lee Jae-yong.

Nun scheint der 48-jährige Manager auf dem Weg zur Machtergreifung ins Straucheln geraten zu sein. Die Sonderstaatsanwaltschaft, die derzeit auch gegen die suspendierte Präsidentin Park Geun-hye ermittelt, hat Haftbefehl gegen Lee beantragt. Der Samsung-Erbe soll Zahlungen von umgerechnet über 30 Millionen Euro einer Vertrauten der Präsidentin versprochen haben. Im Gegenzug habe die Regierung eine umstrittene Fusion zweier Samsung-Töchter genehmigt. Der Zusammenschluss soll Lee helfen, seine Kon-trolle über den Familienkonzern zu erhöhen.

De facto gilt der Samsung-Vizechef bereits seit Mai 2014 als Firmenoberhaupt. Damals erlitt sein Vater, der übermächtige Lee Kun-hee, einen Herzinfarkt, von dem er sich nicht wieder erholte. Südkoreanische Medien greifen alle paar Monate Gerüchte auf, nach denen er bereits klinisch tot sei.

Verglichen mit seinem Vater gilt Lee Jae-yong als geradezu zugänglich: Geschäftsreisen tritt er ohne große Entourage an, seinen Untergebenen in der Firmenzentrale habe er die obligatorische 90-Grad-Verbeugung abgewöhnt. Der alleinerziehende Vater spricht fließend Englisch und Japanisch. Zuletzt hat er erste Akzente gesetzt, indem er dem streng hierarchischen Unternehmen kalifornische Kreativität und Start-up-Mentalität abzuringen versuchte.

Spätestens seit dem Super-GAU rund um brennende Akkus von Galaxy Note lastet das Familienerbe schwer auf Lee Jae-yongs Schultern. Im einst äußerst profitablen Smartphone-Markt werden Samsungs Produkte im Luxussegment von Apple abgehängt, während am unteren Ende chinesische Billiganbieter in den Startlöchern stehen.

Der drohende Haftbefehl, über den am Mittwoch der Oberste Gerichtshof befindet, könnte nun eine Führungskrise im Megaunternehmen auslösen. Dies habe auch die Sonderstaatsanwaltschaft bei ihrem Antrag berücksichtigt, wie sie über einen Sprecher ausrichten ließ. Letztlich habe man jedoch entschieden, dass Rechtsprechung über dem Wohl der Wirtschaft stehe. (Fabian Kretschmer, 17.1.2017)