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Ein Flüchtling aus Afghanistan in Deutschland beim Konjugieren. Die Arbeitsaufnahme scheitert laut einer Umfrage unter österreichischen Firmenchefs häufig an mangelnden Deutschkenntnissen.

Foto: Marijan Murat/dpa

Wien – Aufgrund des sich verschärfenden Fachkräftemangels würden immer mehr heimische Mittelstandsunternehmen Flüchtlinge einstellen, ergab eine Befragung des Beratungskonzerns EY im Dezember 2016. Derzeit beschäftigt jeder neunte Betrieb zumindest einen Flüchtling. Die Unternehmer fordern Talente-Checks.

Von 900 befragten Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitern sagten bei der jüngsten EY-Erhebung 85 Prozent, sie würden einem Flüchtling mit Arbeitsberechtigung einen Job geben. Vor einem Jahr, im Jänner 2016, hatten dazu erst 76 Prozent "ja" oder "eher ja" gesagt, im September 2016 waren es 82 Prozent.

57 Prozent würden derzeit Flüchtlinge sogar unabhängig von ihrem Asylstatus einstellen, im September 2016 waren es 56 Prozent.

"Österreichs mittelständische Betriebe sehen in den neuen asylberechtigten Arbeitsmarktteilnehmern in erster Linie eine Chance, den immer drastischeren Arbeitskräftemangel auszugleichen. Viele Betriebe suchen händeringend nach geeigneten Fachkräften für vakante Stellen. Dementsprechend ist auch die Bereitschaft, Flüchtlinge anzustellen, so groß wie noch nie", so Helmut Maukner von EY Österreich.

Schwierige Mitarbeitersuche

Drei Viertel der heimischen Unternehmer haben derzeit laut Eigenangaben Schwierigkeiten, geeignete Mitarbeiter zu finden. Gleichzeitig wollen 29 Prozent in den kommenden sechs Monaten zusätzliche Stellen schaffen.

Derzeit beschäftigen 4.300 mittelständische Betriebe (rund 11 Prozent) zumindest einen Flüchtling. Bei knapp 1.100 Firmen arbeiten sogar vier oder mehr. Besonders viele Flüchtlinge arbeiten im oberösterreichischen Mittelstand: knapp 17 Prozent der Betriebe haben dort einen oder mehrere Flüchtlinge angestellt. Dahinter folgen Firmen aus der Steiermark (knapp 15 Prozent) und aus Salzburg (12 Prozent). Die wenigsten Flüchtlinge arbeiten anteilsmäßig in Niederösterreich (4 Prozent), Kärnten (6 Prozent) und im Burgenland (7 Prozent).

Zuwanderung tendenziell negativ beurteilt

Trotz der Bereitschaft, zugewanderte Menschen einzustellen, glaubt fast jeder dritte mittelständische Betrieb, dass sich die gestiegene Zuwanderung (eher) negativ auf Österreichs Wirtschaft auswirkt. Mit positiven Folgen rechnen nur 23 Prozent, das Gros (45 Prozent) erwartet weder positive noch negative Auswirkungen.

Bei der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen ist aus Sicht der Unternehmer noch viel zu tun. Drei von fünf befragten Betrieben wähnen Verbesserungspotenzial, jeder dritte sogar starkes. Die Mehrheit fordert eine möglichst rasche Arbeitsmarkintegration von Flüchtlingen.

Weiters befürwortet die Mehrheit Talente-Checks sowie eine gesteuerte Zuwanderung, um gezielt Fachkräfte zu finden. Die Zustimmung zu Talente-Checks hat sich seit vorigem Jahr deutlich von 77 auf 89 Prozent erhöht, zur gesteuerten Zuwanderung sagen jetzt 65 Prozent ja, im Jänner 2016 waren es 55 Prozent.

Mangelnde Deutschkenntnisse sind größte Hürde

Die größten Hürden bei der Einstellung von Flüchtlingen sind nach Ansicht der Unternehmer mangelnde Deutschkenntnisse (85 Prozent), mangelnde Qualifikation (54 Prozent) sowie der bürokratische Aufwand bzw. die unklare Gesetzeslage während laufender Asylverfahren (je 44 Prozent).

Im Jahr 2016 wurden in Österreich mehr als 42.000 Asylanträge gestellt, im Rekordjahr 2015 waren es 90.000 gewesen. Knapp 28.000 Asylberechtigte aus Nicht-EU-Ländern sind derzeit beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitssuchend gemeldet. (APA, 17.1.2017)