Verena Geist arbeitet an besseren Methoden der Geschäftsprozessmodellierung.

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Wien – Unternehmen kann man auch als Summe von Tätigkeiten, Abläufen und Prozessen beschreiben, die zu einem verkauften Produkt, zu einem zur Verfügung gestellten Service und – hoffentlich – zum wirtschaftlichen Erfolg führen. All diese Prozesse im Detail stimmig und widerspruchsfrei zu Papier zu bringen, beinhaltet die Disziplin des Buisness-Process-Modellings – wobei man diese formale Abbildung des Unternehmens nicht in Worten auf Papier beschreibt, sondern in einer "grafischen Spezifikationssprache" und einer entsprechenden Software. Welcher Mitarbeiter welche Sachverhalte an welchen Kollegen weitergibt und kommuniziert, welcher Bauteil wann in welche Maschine kommt – all das wird von den Prozessdesignern in einer logisch strukturierten, symbolischen Sprache festgehalten.

Verena Geist ist eine Expertin für Business-Process-Modelling. Für die Informatikerin und Leiterin der Arbeitsgruppe für Process-Oriented Systems am oberösterreichischen Software Competence Center Hagenberg (SCCH) sind derartige von Softwaresystemen unterstützte exakte Beschreibungen der Geschäftsprozesse "ein Schlüssel zum Unternehmenserfolg". Damit in der Ausführung aber wirklich das passiert, was sich der Prozessdesigner in Symbole, Flowcharts, Knoten und Verbindungen notiert, muss diese abstrakte Sprache möglichst unzweideutig und klar sein.

Verena Geist hat mit ihren Kollegen dazu beigetragen, dass das der Fall ist. "In den letzten Jahren habe ich mich mit der Identifikation von Lücken, Inkonsistenzen und der Verbesserung der praktischen Anwendung der Geschäftsprozess-Modellierung beschäftigt", blickt die Informatikerin zurück. Die Ergebnisse dieser Arbeit flossen unter anderem in eine Buchpublikation des Springer-Verlags ein.

Angesichts des Trends zur Digitalisierung in der Industrie und der einhergehenden Flexibilisierung und Automatisierung von Herstellungsprozessen entstehen neue Herausforderungen – auch und gerade für die Designer von Geschäftsprozessen.

Die Konzepte einer Industrie 4.0 mit ihrer großen Variantenvielfalt und Produktion nach individuellen Spezifikationen führen die derzeitigen Modellierungsansätze an ihre Grenzen. Grenzen, die Verena Geist mit ihrer aktuellen Forschung auszuweiten versucht. In diesem Bereich ist auch die nahtlose Zusammenarbeit von Mensch und Maschine ein Thema. Wenn Mitarbeiter je nach aktueller Produktionsvariante neue Informationen beispielsweise auf einer Augmented-Reality-Brille eingeblendet bekommen, muss das auch in der Prozessmodellierung vorgeprägt sein.

Die in Steyr aufgewachsene Informatikerin entdeckte bereits in ihrer Mittelschulzeit ihre "Vorliebe für strukturiertes Arbeiten". Aus dem Lieblingsfach Mathematik leitete sich der Wunsch ab, programmieren zu lernen. Die Folge war ein Software-Engineering-Studium in Hagenberg, im Anschluss startete sie die Forscherkarriere am SCCH. Das parallel zur Arbeit absolvierte Doktorat an der JKU Linz fand in einer Promotion sub auspiciis sein Prozessende. Ein Gegengewicht zur informatikgeprägten Arbeit findet Verena Geist im Sattel. Auf dem Rücken ihres Pferdes seien die Gedanken an die formalen Methoden zumindest kurzfristig ausgeblendet. (Alois Pumhösel, 21.1.2017)