Sapporo – Beim Gehen, im Klassenzimmer, während einer Autofahrt oder – weniger gefährlich, zumindest nicht unmittelbar – beim Abendessen zu zweit: Wie sehr uns Handys ablenken können, ist seit vielen Jahren ein eifrig erforschtes Themenfeld von der Psychologie bis zur Medizin.

In all diesen Fällen dreht es sich um aktive Nutzung, ob nun durch Twittern, Snapchatten oder ganz altmodisch sogar durch tatsächliches Telefonieren. Ein japanisches Forscherteam meldet nun aber, dass man so weit gar nicht gehen muss, um auf erste Probleme zu stoßen: Es reicht schon die schiere Anwesenheit eines Handys, um unsere Konzentration zu beeinträchtigen.

Der Versuchsaufbau

Jun-ichiro Kawahara und Motohiro Ito von der Hokkaido-Universität führten ein Experiment mit 40 Studenten als Probanden durch. Diese sollten auf einem Bildschirm in einer Fülle an verschiedenen Zeichen jeweils ein bestimmtes ausfindig machen. Das Probanden-Sample wurde aber zweigeteilt: Einer Gruppe legten die beiden Forscher ein Handy neben den Bildschirm, der anderen einen guten alten Schreibblock von gleicher Größe.

Anschließend wurde die Zeit gemessen, die die Probanden zur Bewältigung ihrer Aufgabe brauchten. Zudem wurden sie nach dem praktischen Teil des Experiments nach der Häufigkeit gefragt, in der sie das Internet nutzen.

Die Ergebnisse

Es zeigte sich, dass die Handy-Gruppe im Schnitt länger brauchte, um das richtige Zeichen auf dem Bildschirm zu finden. Schon die Anwesenheit eines solchen Geräts – das ja das Potenzial dazu hat, jederzeit spontan "zum Leben zu erwachen" – schränkt also bereits die kognitive Leistungsfähigkeit ein, konstatieren die Forscher.

Allerdings setzt sich dieser Durchschnitt aus zwei sehr unterschiedlichen Ergebnissen zusammen: So richtig abgebremst wurden nämlich nur solche Probanden, die eine geringe Internetnutzung hatten.

"Heavy User" hingegen ließen sich nicht so leicht irritieren. Interessanterweise nutzten sie das Handy sogar als "visuellen Anker" und starteten ihre Bildschirmsuche von der Seite aus, auf der das Handy lag. Es gebe also individuell unterschiedliche Strategien, ein herumliegendes Handy zu ignorieren, so die Forscher. Auf jeden Fall aber ziehe es unwillkürlich die Aufmerksamkeit auf sich wie ein Magnet. (jdo, 21. 1. 2017)