Überblick: die Siedlungen und Tempelanlagen in der untersuchten Region.

grafik: damian evans/ journal of archaeological science, Oktober 2016

Ein digitales Landschaftsmodell im Bereich von Preah Khan Kompong Svay.

Foto: Nina Hofer

Datenanalyse im Computerlabor des Forschungszentrums.

Foto: Hat Kimhouy

Erst danach geht es raus zur Feldverifikation.

Foto: Nina Hofer

Forscher und Arbeiter im Dschungel.

Foto: Nina Hofer

Suche nach Artefakten und Landdokumentation im Feld.

Foto: Nina Hofer

2015 ließen Damian Evans und sein Team zum zweiten Mal Hubschrauber über ausgewählte Landesteile Kambodschas fliegen und diese mit Laserscanning abtasten. Schon die erste "Lidar"-Kampagne (Light Detection and Ranging) 2012 war ein großer Erfolg und brachte grandiose neue Erkenntnisse über das Reich der Angkor. Etwa über die Ausdehnung der damaligen Zivilisation, die man nun als "Greater Angkor" bezeichnen kann. Auch die neueste Befliegung auf insgesamt 2.000 Quadratkilometern – Projektname "Cali" – lieferte schon viele überwältigende Ergebnisse, aber vor allem jede Menge Daten. Als Teil des Projektteams arbeite ich seit einigen Monaten in Kambodscha an der Auswertung der Daten mit.

Größte Fernerkundungsstudie

Die Spuren der Vergangenheit sind für die Archäologen in Kambodscha oft schwierig zu finden, da – mit Ausnahme von Tempelanlagen – die Bauten nicht aus Stein, sondern aus kurzlebigem Material waren und dem tropischen Klima zum Opfer gefallen sind. Die Kampagne wurde deshalb gleich an mehreren Orten durchgeführt, an denen die Forscher bislang unbekannte Ausdehnungen vergangener Reiche vermuteten. Das Ergebnis war die bis dato flächenmäßig größte Fernerkundungsstudie, die jemals für archäologische Zwecke durchgeführt wurde.

Zuständig für die Lidar-Datenakquisition war die Firma PT McElhanney Indonesia, die sich auch um GPS-Basis- und -Kontrollstationen kümmerte und nach der Befliegung die Daten validierte und verarbeitete. Besonders erwähnenswert ist die hohe Punktdichte der Laserimpulse, die durchschnittlich bei circa 16 Punkten pro Quadratmeter liegt. Hier erreicht sie auch nach Ausklassifizierung von Vegetation und Gebäuden noch bis zu 21 Punkte pro Quadratmeter. Die Daten wurden nach Fertigstellung als 3D-Punktdaten in üblichen Formaten an das Projektteam geliefert. Auswertung und Analyse dauern noch an.

Graben war gestern: Archäologie vor dem Bildschirm

Die Archäologie in Kambodscha blickt auf eine lange Geschichte zurück. Oft machten Forscher Zufallsfunde, nachdem sie sich auf gut Glück oder aufgrund weniger Indizien ins Feld begeben hatten. Vorreiter für das Laserscanning waren Satelliten- und Luftbilder. Damit konnten erstmals genauere Karten erstellt und Prospektionen besser geplant werden. Doch angesichts der dichten Vegetation in dem tropischen Land war der Großteil von bislang undokumentierten urbanen Landschaftsformen auf Luftbildern nicht sichtbar. Digitale Landschaftsmodelle, die aus den 3D-Daten angefertigt und analysiert werden, offenbaren hingegen zahlreiche gut sichtbare Strukturen aus mehreren geschichtlichen Epochen bis zurück ins 7. Jahrhundert n. Chr.

Das Cali-Team kann entdeckte Strukturen somit punktgenau verorten und zur weiteren Verifikation ins Feld fahren. Die Datenbank an neuentdeckten Stätten und gefundenen Artefakten wächst stetig. Außerdem können mithilfe der großflächig durchgeführten Kampagne raumzeitliche Analysen der Geschichte und der komplexe Zusammenhang zwischen Klima, Versorgung und urbaner Morphologie erforscht werden. Viele entdeckte urbane Zentren und Netzwerke wurden mithilfe der digitalen Modelle schon kartografisch aufbereitet. Die Forscher erhalten so ein immer klareres, chronologisches Verständnis für Umwelt und Bevölkerung.

Feldverifikation mit Tablet und GPS

Während am Computer die Bilder analysiert und potenzielle Stätten vermerkt werden, fahren die Archäologen zur Verifikation ins Feld, dokumentieren die Landschaft und etwaige Artefakte wie alte Keramik und Gestein. Wenn Überreste alter Kulturen entdeckt werden, werden diese nach einem üblichen Analyseprozess genau dokumentiert und fotografiert, die Ergebnisse fließen anschließend in eine webbasierte projektübergreifende Datenbank.

Für die Forschungen in Kambodscha werden stets Genehmigungen der Regierung und anderer verantwortlicher Institutionen benötigt. Auch wenn die Situation als internationales Team dahingehend oft schwierig ist, funktioniert die Zusammenarbeit mit den Einheimischen gut. Lokal ansässige Arbeiter, die ihre Umgebung gut kennen, sind eine unentbehrliche Hilfe, wenn es um Verifikationen im Dschungel geht. Schwierigkeiten bei der Feldarbeit sind oftmals das tropische Klima, das es den Forschern in der Regenzeit nahezu unmöglich macht, Verifikationen durchzuführen, und die Weitläufigkeit des Untersuchungsgebiets, die oft mehrtägige Aufenthalte in entlegenen Gebieten nötig macht. Aufgrund der jüngsten Kriegsvergangenheit des Landes sind auch Landminen in vielen Gebieten eine Gefahr, die die Forscher berücksichtigen müssen.

Ausblicke

Während die Analysen immer noch andauern und die Archäologen noch einiges an Feldarbeit vor sich haben, spielt auch die Anwendung und Entwicklung von komplexeren und fortgeschrittenen Visualisierungsmethoden eine wichtige Rolle, durch die genauere Analysen durchgeführt werden können. Die Gebiete befinden sich außerdem erst schrittweise in kartografischer Aufbereitung für weitere Publikationen und Forschungen.

Klar ist, die Zukunft der Archäologie auf Landschaftsebene liegt zu einem großen Teil in der Fernerkundung. Interdisziplinäres Verständnis und Zusammenarbeit werden dabei zunehmend wichtiger und ermöglichen eine komplexe und dennoch effiziente Forschung. (Nina Hofer, 19.1.2017)