Mais ist eine denkbar schlechte Nahrungsgrundlage für Hamster, wie französische Forscher nun gezeigt haben.

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Straßburg – In vergangenen Zeiten hat der Europäische Feldhamster (Cricetus cricetus) von der Landwirtschaft profitiert. Unterschiedliche Feldfrüchte und großzügige Grünstreifen machten aus dem ursprünglich aus Osteuropa stammenden Nager einen regelrechten Kulturfolger. Mittlerweile haben die Ausbreitung weitläufiger Monokulturen, das Verschwinden von Feldrändern und der Einsatz von Pestiziden den Hamster in vielen Regionen an den Rand der Ausrottung gedrängt.

Vor allem der Maisanbau scheint den Nagern zu schaden, wie nun Forscher um Mathilde Tissier (Uni Straßburg) im Experiment nachweisen konnten. Die Wissenschafter fütterten eine Gruppe von Hamstern hauptsächlich mit Weizen, während eine zweite Schar vor allem Maiskörner zu Fressen bekam. Als die weiblichen Hamster Jungen zur Welt brachten, zeigten sich überraschende Unterschiede im Verhalten der beiden Populationen: Die mit Weizen ernährten Tiere kümmerten sich wie gewohnt um ihren Nachwuchs. Die mit Mais gefütterten Hamsterweibchen verloren dagegen jegliches Interesse an der Versorgung der Jungen.

Wenn Mütter ihre Jungen fressen

Schlimmer noch: Die Feldhamstermütter legten ihren Nachwuchs an jenen Orten ab, wo sie normalerweise ihren Nahrungsvorrat lagerten und fraßen sie schließlich auch auf. Insgesamt überlebten bei den Mais-Hamstern weniger als zwölf Prozent der Jungen. Bei den mit Weizen gefütterten Hamstern kamen dafür im Schnitt mehr als 80 Prozent durch.

"Unsere Beobachtungen weisen darauf hin, dass das mütterliche Verhalten bei diesen Tieren unterdrückt wird und dass sie stattdessen ihren Nachwuchs irrtümlicherweise als Futter wahrnehmen", schreiben die Wissenschafter im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences". Als Ursache für dieses seltsame Verhalten vermuteten die Biologen einen Mangel am Vitamin B3 (Niacin), das in Mais nicht vorkommt. Frühere Untersuchen haben bereits gezeigt, dass ein Mangel an Vitamin B3 und seiner Vorstufe Tryptophan zu schweren physischen und psychischen Veränderungen führen kann.

Niacin ist der Schlüssel

Um zu beweisen, dass die kannibalischen Tendenzen der Hamstermütter der Maisdiät geschuldet sind, mischten Tissier und ihre Kollegen den mit Mais gefütterten Tieren zusätzlich Niacin die Nahrung. Tatsächlich kümmerten sich die mit dem Vitamin versorgten Tiere daraufhin wieder vorbildlich um ihre Nachkommen.

"Die Ergebnisse belegen, dass Mais ein ungeeignetes Futter für diese Tierart während der Reproduktion ist", meinen die Wissenschafter. Da in vielen Regionen Europas die Maisfelder stark zugenommen haben, könnte dies eine Erklärung für den dortigen Schwund der Feldhamster sein. Die Forscher plädieren daher für eine größere Pflanzenvielfalt in landwirtschaftlichen Anbauplänen. (red, 20.1.2017)