"Fidéles d'amour": Trilogie, basierend auf persischen Erzählungen.


Foto: Max Kaufmann
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Wien – Zur budgetären Lage des Serapionstheaters will sich dessen Prinzipal Erwin Piplits nicht mehr äußern. Höchstens so viel: "Es herrscht ein Überfluss an Geldmangel." Das abgelaufene Jahr war, nicht zuletzt wegen der Renovierungsarbeiten, finanziell hart, mitgeschleppte Schulden müssen abgebaut werden. Aber, zitiert Piplits Erich Fried, dem eine Koproduktion mit Artists for Austria und Shir Music gewidmet ist (Premiere mit Shlomit Butbul ist am 12. 3.): "Es ist, wie es ist."

Und so ist es: Von der Stadt Wien gibt es zu wenig zum Leben, zum Sterben zu viel, vom Bund nicht einmal das. Ein Terminansuchen bei Kulturminister Thomas Drozda blieb bisher ungehört. Der (Galgen-)Humor ist Piplits trotzdem nicht vergangen: "Als die Götter das Vermögen verteilten, schenkten sie uns das Vorstellungsvermögen."

Weshalb er und sein aus 14 Ländern zusammengefundenes Ensemble nicht nur unverdrossen weiter-, sondern sogar noch mehr als bisher machen. Unter dem Motto "Herzensbildung" stehen 2017 neben der bereits erwähnten Koproduktion vier Eigenproduktionen auf dem Programm. Auch die bereits gut eingespielte Kooperation mit Impulstanz soll sich künftig über das ganze Jahr erstrecken.

"Auf Herzensbildung des Einzelnen wird schon in der Schule verzichtet", erläutert Piplits das Jahresthema: "Das ist ein großer Mangel! Denn ich bin überzeugt: Nur mit Religionen, Ideologien oder Utopien ist die Gesellschaft nicht aufrechtzuerhalten."

Gebende Liebe

Fidèles d'amour heißt die auf drei Erzählungen des persischen Dichters, Philosophen und Mystikers Schihab ad-Din Yahya Suhrawardi (1153-1191) basierende Trilogie, angereichert mit Texten etwa des islamischen Mystikers Dschalal ad-Din ar-Rumi oder Johann Wolfgang von Goethes sowie aus dem Gilgamesch-Epos.

Der erste Teil – Das Rauschen der Flügel - hat am 2. 2. Premiere, Teil zwei – Rebellion – am 5. 5. und Teil drei – Der Ruf – am 12. 12. Sie alle handeln von individuellem Mut, dem Ruf der inneren Stimme zu folgen; von Sinnsuche, Erleuchtung, Aufklärung und gebender Liebe. "Fidéles d'amour" nennt man aber auch den ekstatischen Trancetanz der Derwische, die in der islamischen Kultur für ihre Klugheit, Heilkunst, Poesie, Erleuchtung und Weisheit gerühmt werden.

Die Stückwahl versteht Piplits – auch – als Antwort auf die zunehmende Islamophobie: "Es kann nicht schaden, andere Aspekte dieser reichen Kultur jenen mörderischen Umtrieben entgegenzusetzen, die in aller Welt unter dem Deckmantel der islamischen Religion passieren."

Im Original würde der erste Teil übrigens Das Rauschen der Flügel Gabriels heißen. Doch den Namen des Erzengels ließ man vorsichtshalber weg, "um Religionspuristen nicht vom Besuch abzuhalten." Rebellion wiederum erzählt von einer Gesellschaft, die sich ausschließlich materialistisch orientiert und daher ein Irrenhaus ist: "Ähnlichkeiten mit unserer Gesellschaft sind rein zufällig, aber gewollt." Die Musik stammt zu einem großen Teil vom österreichischen Komponisten Hans Wagner, entwickeln und szenisch umsetzen werden die Trilogie neben Piplits noch Mario Mattiazzo und Ivana Rauchmann.

Ausstellungen

Rauchmann wird im Oktober auch die vierte Eigenproduktion inszenieren: Unter der Glasglocke mit eigenen Texten sowie jenen der Schriftstellerinnen Ingeborg Bachmann, Leonora Carrington und Sylvia Plath.

Außerdem geplant sind drei Ausstellungen in den Lagerräumen: Die erste ist den multimedialen und technologisch innovativen Bühnenbildern gewidmet, die Max Kaufmann gemeinsam mit Eva Grün für die Mailänder Scala realisiert hat. Eine weitere Schau wird die Entstehungsprozesse von Serapions-Produktionen dokumentieren, und im Herbst werden Arbeiten von Eva Grün zu sehen sein. (Andrea Schurian, 18.1.2017)