Graz – Die Zahl der außerhalb unseres Sonnensystems entdeckten Planeten ist in den vergangenen 20 Jahren auf mehrere Tausend angestiegen. Forscher des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bezweifeln jedoch die Stichhaltigkeit mancher gewonnenen Messdaten – insbesondere was die Klasse der "neptunähnlichen" Planeten betrifft. Rund ein Fünftel davon könnte anders beschaffen sein als angegeben.

In ihrer jüngsten Studie im Fachmagazin "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" (MRNAS) berichten die IWF-Forscher, dass sie auf eine große Anzahl von neptunähnlichen Exoplaneten mit zwiespältigen Messergebnissen gestoßen sind. Diesen zufolge dürfte es diese eigentlich gar nicht mehr geben – oder sie dürften zumindest anders beschaffen sein. Dies soll für 15 bis 20 Prozent der bisher bekannten neptungroßen Exoplaneten mit geringen Dichten der Fall sein. Die Forscher vermuten, dass bei ihrer Beobachtung Masse, Planetenradius oder Temperatur fehlinterpretiert wurden.

Beobachtungen und Berechnungen

Entdeckt wird der Großteil der Exoplaneten bei sogenannten Transits, das heißt, wenn sie vom Teleskop aus gesehen direkt vor ihrem Mutterstern vorbeilaufen. Die dabei entstehende winzige Abschattung des Sternenlichts lässt sich mit empfindlichen Kameras messen. Aus dem Transitradius können Wissenschafter wiederum die Masse des Planeten ableiten. Die Grazer Forscher wollen die bekannten Planeten in der Größe von Neptun, der etwa den vierfachen Erddurchmesser hat, präziser charakterisieren.

Dazu haben sie Masseverluste der Atmosphären und das Radius-Masseverhältnis von 167 neptunähnlichen Exoplaneten studiert und konnten neue, paradox anmutende Erkenntnisse, gewinnen: "Planeten mit geringen Massen und großen Radien, die nahe um ihre Sterne kreisen und deshalb sehr heiß sind, weisen so geringe Dichten auf, dass sie ihre Wasserstoffatmosphären gleich nach ihrer Entstehung verloren haben müssten", erklärte Erstautor Patricio Cubillos. Die vorliegenden gemessenen Transitradien von 25 dieser Exoplaneten, bzw. 15 Prozent des gesamten Samples, würden aber zeigen, dass dies nicht der Fall ist.

Irgendwo steckt ein Fehler

Die Forscher kamen zum Schluss, dass entweder die für die Massebestimmung angewandte Transit-Zeit-Variationsmethode ungenaue Ergebnisse geliefert hat oder dass Wolken und Staub in der hydrodynamisch aufgeheizten und ausgedehnten hohen Atmosphäre das Sternenlicht "ausgelöscht" haben. Das könnte wiederum die wahren Werte von Radius und Temperatur verfälscht haben. Die Autoren gehen davon aus, dass "zumindest eine dieser etablierten Methoden" konsequent verzerrte Werte für die neptunähnlichen Exoplaneten liefert.

"Die hohe Anzahl von Exoplaneten mit fehlinterpretierten physikalischen Parametern stellt ein ernsthaftes Problem für Studien über Planetenentstehung dar", hob Co-Autor Luca Fossati hervor. Die Kombination von Teleskopen am Boden und im Weltraum wie z.B. Missionen wie der ESA-Satellit CHEOPS und die Raumsonde PLATO soll verlässlichere Daten liefern. (APA, red, 18. 1. 2017)