Der Grüne Karl Öllinger legte gegen die Entscheidung volle Berufung ein.

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Wien – Der grüne Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht nach dem Mediengesetz zu einer Entschädigung von 500 Euro verurteilt worden. Laut dem erstinstanzlichen Urteil haftet er für fremde Postings, die Follower seiner Facebook-Seite auf seinem Profil veröffentlicht hatten, weil diese den Tatbestand der üblen Nachrede beziehungsweise Beleidigung erfüllen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Öllingers Rechtsvertreter Alexander Nessler (Kanzlei Windhager) legte dagegen volle Berufung ein. Seiner Ansicht nach hat das Erstgericht die Sorgfaltspflicht, die Öllinger beim Betreiben seiner Facebook-Seite trifft, zu weit auslegt. Somit wird sich auch noch der Oberste Gerichtshof (OGH) mit diesem Fall befassen.

Islamfeindlicher Mediziner

Öllinger hatte sich auf seinem Facebook-Kanal mit einem umstrittenen Wiener Arzt auseinandergesetzt, der seit längerem im Internet islam- und muslimenfeindliche Postings verbreitet. "Moslems sind wandelnde Sexualstörungen", "Moslems: keine Menschen wie wir" und "Ich bin neugierig, wie lange es noch dauert, bis auch der letzte Idiot erkannt hat, dass Moslems mit Europa nicht kompatibel sind und deportiert werden müssen. Und zwar alle ...", war etwa auf seinem Facebook-Profil zu lesen, wobei der Mediziner seine Postings großteils auf seinen mehrere 100 Personen umfassenden Freundeskreis einschränkte.

Als im Vorjahr bekannt wurde, dass Öllinger an Krebs erkrankt war, reagierte der Arzt auf Facebook mit einem "Fantastisch"-Smiley. Daraufhin zeigte ihn die Wiener Ärztekammer bei der Disziplinarkommission an und brachte bei der Staatsanwaltschaft Linz eine Anzeige wegen Verhetzung ein. Dieses Verfahren wurde bereits im November 2016 an die Staatsanwaltschaft Wien abgetreten, gab der Sprecher der Linzer Behörde, Philip Christl, am Donnerstag bekannt. In Wien soll es abgebrochen worden sein, weil sich der Arzt inzwischen angeblich in Papua-Neuguinea aufhält.

Keine "persönliche Auseinandersetzung"

Als Öllinger auf Facebook das Vorgehen der Ärztekammer gegen den Mediziner begrüßte – er selbst ging gegen den Arzt nicht direkt vor ("Ich wollte das nicht zu einer persönlichen Auseinandersetzung machen"), setzte auf seiner Seite eine Diskussion ein. Kritische Kommentare, die sich gegen den Arzt richteten, löschte Öllinger bewusst nicht umgehend. "Ich bin Politiker. Da setzt man sich rasch dem Vorwurf der Zensur aus", erklärte er dazu nun am Landesgericht für Strafsachen.

Der Arzt reichte in weiterer Folge über seinen Wiener Anwalt eine Klage gegen Öllinger ein. Er fühlte sich durch die Aussagen, er sei ein "Monster" und eine "Person mit einer sehr kranken Persönlichkeitsstruktur und womöglich von diversen Rauschmitteln abhängig" beleidigt. Ein weiterer Follower Öllingers hatte auf die aufgeworfene Frage, was der Arzt wohl in Papua-Neuguinea mache, erwidert: "Dasselbe wie Mengele. Untertauchen."

Löschen "am selben Tag"

Wegen dieser drei Postings wurde Öllinger als Medieninhaber seiner Facebook-Seite nach Paragraf 6 Mediengesetz schuldig erkannt, weil mit ihnen nach Ansicht von Richter Stefan Romstorfer der Tatbestand der üblen Nachrede beziehungsweise Beleidigung erfüllt wurde. Dabei hatte Öllinger die Einträge auf eine entsprechende Aufforderung des Anwalts des Arztes und nach juristischer Beratung gelöscht. Für den Erstrichter war das zu wenig. "Bei Einhaltung der Sorgfaltspflicht hätte er sich am selben Tag Rat einhalten sollen", stellte Romstorfer in der Urteilsbegründung fest. Die betreffenden Postings waren knapp zwei Wochen online gewesen. (APA, 19.1.2017)