Der von London angestrebte harte Brexit führt Jahre vor der Realisierung zu Umtriebigkeit bei den Banken. Ohne Teilnahme am EU-Binnenmarkt wird es für das britische Finanzzentrum ziemlich schwierig, weiterhin das große Rad am Alten Kontinent zu drehen. Das gilt klarerweise nicht nur für die königlichen Geldhäuser, sondern auch für internationale Banken aus den USA, der Schweiz, Japan und anderen Regionen, die von der City aus in der ganzen EU ihr (Un-)Wesen treiben.

Doch die derzeit in Frankfurt, Paris, Luxemburg und sogar in Wien aufkeimende Euphorie über neue Jobs und ausgabenfreudige Banker könnte etwas übertrieben sein. London lebt nicht nur von der Regulierung, sondern von einer jahrhundertealten Tradition, hoher Qualität im Bankgeschäft und vorteilhaften Rahmenbedingungen. Allein in London geht es, inklusive Finanzdienstleistern und Beratern, um 700.000 Jobs. Hochspezialisierte Anwälte, Consultants, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer leben von den Banken und umgekehrt.

Auch wenn die Finanzkonzerne auf einen EU-Pass angewiesen sind: Sie werden meist nur kleinere Teile verlagern, die für eine Banklizenz in der Union erforderlich sind. Die großen Entscheidungen und das Gros der Belegschaft – sie bleiben auf der Insel. Klar: Mit besseren Briefkastenfirmen sollte sich Brüssel nicht abspeisen lassen. Aber einen Massenexodus kann die EU nicht erzwingen. (Andreas Schnauder, 19.1.2017)