Wien – Für Otto Normalverbraucher sind digitale Technologien meist vor allem ein Mittel zum Zweck, das stillschweigend zu "funktionieren" hat. Dies mag auch Ottos gutes Recht sein. Umso wichtiger ist es da aber, dass es auch jemanden gibt, der die modernen Tools als solche hinterfragt.
Schritte in diese Richtung unternimmt die Abteilung für Digitale Kunst der Wiener Uni für angewandte Kunst. Medien gegen den Strich zu bürsten, sie "entgegen ihrem eigentlichen Zweck" zu benutzen – so beschreibt Leiterin Ruth Schnell die Leitidee des Instituts.
Und diesen Anspruch jedenfalls erfüllen denn auch die meisten Arbeiten der Ausstellung Bitoresc, mit der sich die Klasse aktuell im Wiener Heiligenkreuzerhof präsentiert. Gleich 37 Arbeiten sind zu sehen, die interaktive Installationen ebenso umfassen wie Klangskulpturen oder robotisierte Objekte.
Gelungene Zweckentfremdung
Ein Beispiel für die gelungene Zweckentfremdung von Daten ist etwa der Ölpreis-Coaster von Bobby Rajesh Malhotra. Die Idee der Virtual-Reality-Arbeit ist es, die Ölpreiskurve zur Trasse einer virtuellen Hochschaubahn zu machen, das weltpolitisch eher ernstzunehmende Auf und Ab der Zahlen also ad absurdum zu führen.
Die Texteingabe am Smartphone thematisiert dagegen Thomas Waidhofers IPOEM (2016): eine Maschine, die aus automatisch vorgeschlagenen Wörtern Texte zusammenstöpselt. Zu den reizvollen Arbeiten der Schau gehört auch Sarah Howorkas Average Face Mirror, eine Installation, die Besuchergesichter allmählich ineinanderblendet und dieserart faszinierende Mischwesen zaubert.
Manche Arbeiten der abwechslungsreichen Schau nähern sich der Digitalität auch eher vermittelt, etwa Hanna Freya Mikoschs Schlammphilosophie: Die Künstlerin ließ sich Texte vorlesen, während ihre Ohren unter Wasser getaucht waren, um anschließend laut auszusprechen, was sie davon verstanden hatte.
Insgesamt herrscht hinsichtlich der Qualität der Arbeiten eine hohe Dynamik. Man kann es schade finden, dass in so mancher Arbeit die modernen Tools wiederum als Mittel zum – nun künstlerischen – Zweck davonkommen. Reizvoller sind jene, die direkt ihre digitalen Voraussetzungen zum Thema machen. (Roman Gerold, 21.1.2017)