Demokratie baut auf Dingen auf, für die der Hausverstand nur eine Bezeichnung haben kann: unverzichtbare Elemente eines menschenwürdigen Zusammenlebens. Unter anderem wird jedem vernünftigen Vertreter der Spezies Homo sapiens einleuchten, dass Menschenrechte ziemlich leiwand für alle sind.

Diejenigen, die keinen Wert darauf legen, haben meist absolute Macht und zweifeln nicht daran, sie zu verlieren (üblicherweise ein folgenschwerer Fehler, siehe diverse Diktatoren, die in Erdlöchern und auf dem Schafott endeten). Für ihre eigenen Rechte und Privilegien ist somit gesorgt. Die anderen sind sowieso nicht der Rede wert.

Was sich der Logik aber nicht erschließt, ist, warum Menschen, die sich nicht unbedingt in einer Position befinden, die große Macht und Sicherheit bedeutet (und damit zur überwältigenden Mehrheit zählen), sich dazu verleiten lassen, die Errungenschaft gleicher Rechte und gleicher Wertigkeit nicht mehr ernst zu nehmen. Sie hätten lieber einen starken Arm, der ihr Schicksal in vorgezeichnete Bahnen lenkt. Gewiss entsteht das auch aus dem Gefühl der Ohnmacht, aber auch aus der Bereitschaft, Sündenböcke statt Lösungen zu suchen.

Demokratie sieht sich neuen Bedrohungen ausgesetzt, autokratische Systeme haben sich so schnell etabliert, dass zwischen 2017 und 2014 ein gefühltes Jahrzehnt liegt. Besorgte Bürger, die unabhängige Berichterstattung bezweifeln, aber folgenden Quellen mehr vertrauen: der Kusine des Vaters der Bäckerin oder windigen Facebook-Seiten, die sich nie in der Verlegenheit befanden, irgendwas Behauptetes je beweisen zu müssen.

Genussvoll Uninformierte, die Russia Today beim Wort nehmen. Mit Trump den Klimawandel leugnen. Angebliche Gülen-Anhänger jagen. Ihnen macht es nichts aus, wenn gültiges Recht gebrochen wird. Dass es auch einmal ihr Recht sein könnte, dringt nicht in ihr Bewusstsein. (Julya Rabinowich, 21.1.2017)