Graz – Am 5. Februar wählt Österreichs zweitgrößte Stadt, Graz, einen neuen Gemeinderat. Nicht unwahrscheinlich ist, dass ÖVP-Spitzenmann Siegfried Nagl ein viertes Mal den Bürgermeistersessel erobert. Noch nie gab es mit 222.856 Menschen so viele Wahlberechtigte. Große Themen wurden im Kurzwahlkampf nicht gespielt, abgesehen vom Dauerbrenner Murkraftwerk. Dem Wählervotum stellen sich zehn Parteien.

Neben den "Etablierten" ÖVP, KPÖ, FPÖ, SPÖ und Grünen sowie den Piraten werden bei der um knapp ein Jahr vorgezogenen Grazer Gemeinderatswahl auch neue Listen am Stimmzettel stehen: Die NEOS treten in Graz mit Spitzenmann Niko Swatek zum ersten Mal an, ebenso die Liste "WIR" mit dem ehemaligen blau/orangen Gemeinderat Gerhard Mariacher. Die unabhängige Kandidatin Tatjana Petrovic tritt mit der Unterschrift eines Gemeinderats an und auch das "Einsparkraftwerk" will es noch einmal versuchen. Obwohl der Urnengang der erste nach der Präsidentenwahl im Dezember 2016 ist, taugt er nicht zur Testwahl für andere Verhältnisse. Dafür sorgt allein schon das Faktum einer starken KPÖ.

FPÖ bei knapp 14 Prozent

Bei der GR-Wahl im November 2012 erreichte die ÖVP mit einem Minus von 4,63 Prozentpunkten 33,74 Prozent (17 Mandate). Die KPÖ legte mit einem Plus von 8,68 Prozentpunkten auf 19,86 Prozent zu (10). Die SPÖ kam mit minus 4,43 Prozentpunkten auf 15,31 Prozent (7). Die FPÖ schaffte mit einem Zuwachs von 2,9 Prozentpunkten 13,75 Prozent (7). Die Grünen verloren 2,42 Prozentpunkte und kamen auf 12,14 Prozent (6). "Pirat" Philip Pacanda zog mit 2,7 Prozent in den Gemeinderat ein (1). Die Wahlbeteiligung lag bei 55,47 (2008: 52,76 Prozent).

Große Themen blieben dem Grazer Wahlkampf heuer versagt, für die Feinheiten des Budgets – offiziell der Anlass für das Auseinanderbrechen der Zusammenarbeit zwischen ÖVP und KPÖ im Herbst, die SPÖ unter Michael Ehmann blieb Nagl treu – interessiert sich der Großteil der Bürger erfahrungsgemäß nicht. Nur das Murkraftwerk wurde mit neuen Gutachten, der neuerlichen Forderung nach einer Volksbefragung durch KPÖ und Grüne und auch zwei "Mur-Märschen" von Umweltschützern thematisiert.

Die Rathausparteien sind sich in ihren Bekenntnissen zu mehr Öffis, mehr Wohnbau und mehr Grünraum, mehr an Bildung und Forschung einig – es variiert lediglich das Ausmaß an Schuldzuweisungen, warum was bisher nicht umgesetzt wurde. Sogar das von der FPÖ und deren Chef Mario Eustacchio sonst so gepflegte Asyl- und Ausländerthema schlug keine großen Wellen.

So viele Wahlberechtigte wie nie

Kooperationsspekulationen sind schwierig: Grün wird bei keiner Koalition mit Blau dabei sein. Eine weitere "Koalition" kann man wohl ausschließen: jene von ÖVP und KPÖ. Einerseits hat Nagl KPÖ-Chefin Elke Kahr in den vergangenen Monaten so oft als unglaubwürdig bezeichnet, dass er selbst ein diesbezügliches Problem hätte, ginge er eine solche ein. Und Kahr hat angekündigt, dass ihre Partei keine Koalition eingehe. Über Zusammenarbeit könne man aber immer reden. Nagl hat bisher keine Präferenz erkennen lassen, auf die SPÖ als Partner dürfte er sich wohl verlassen können. Die von Grünen-Spitzenkandidatin Tina Wirnsberger von Nagl geforderte Distanzierung von der FPÖ spielte es bisher auch nicht.

Bei der Gemeinderatswahl am 5. Februar werden mit 222.856 Grazern und Grazerinnen (2012: 209.895) so viele wie noch nie wahlberechtigt sein. Inkludiert sind 26.456 stimmberechtigte EU-Bürger mit Hauptwohnsitz in Graz.

Alle Wahlberechtigten können am vorgezogenen Wahltag (27. Jänner), per Briefwahl, mit Wahlkarte oder klassisch in einem der 268 ordentlichen Wahllokale ihre Stimme abgeben. Hinzu kommen laut Wahlbehörde 25.364 Stimmberechtigte für die Migrantenbeiratswahl. Alle ordentlichen Wahllokale am 5. Februar werden von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr geöffnet haben.

27 Wahllokale

Mit Wahlkarte kann man am 5. Februar in 27 Wahlkartenwahllokalen zur Urne schreiten. Wahlkarten im Briefwahl-Kuvert können in allen Sprengeln abgegeben werden.

Die vorgezogenen Stimmabgabe wird am 27. Jänner von 13.00 bis 20.00 Uhr an 18 Standorten in Graz möglich sein. Für sie ist keine Wahlkarte nötig – wer eine hat, darf nicht teilnehmen -, ein Lichtbildausweis reicht. 2012 nutzten bereits knapp 8.800 Wähler dieses Angebot, rund vier Prozent der Wahlberechtigten.

Die Grazer Gemeinderatswahl sowie die zeitgleich stattfindenden 17 Bezirksratswahlen und die Migrantenbeiratswahl werden der Stadt rund 570.000 Euro kosten, dabei sind die Personalkosten noch nicht eingerechnet. (APA, 21.1.2017)