Made in USA – darauf will Trump verstärkt pochen.

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Wien/Washington – "Für (den frisch vereidigten US-Präsidenten Donald) Trump gilt nur Amerika zuerst, und gleichzeitig versucht er, Europa zu zerstören", sagte Karl Aiginger von der Querdenkerplattform im Gespräch mit der APA. "Wahrscheinlich ist seine größere Idee, Europa aufzuteilen", in zwei Sphären in denen Russland beziehungsweise die USA die Macht haben. Darum begrüße er den EU-Austritt weiterer Länder.

Trump sehe die Welt als "Nullsummenspiel", das heißt dass jemand anderer verlieren müsse, damit Amerika gewinnen kann. Der neue US-Präsident glaube offensichtlich nicht an Kooperation und daran, dass bei einer guten Zusammenarbeit beide Seiten gewinnen können. Europa solle sich aber keinesfalls auf dieses Niveau begeben, selbst wenn die USA wie von Trump angekündigt Strafzölle von bis zu 45 Prozent auf Importe einführen.

Eigenes Modell der Globalisierung

"Europa sollte versuchen, sein eigenes Modell in der Globalisierung durchzusetzen und möglichst viele Partner zu suchen", empfiehlt Aiginger, der bis Sommer 2016 das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) geleitet hat und dann die Querdenkerplattform als interdisziplinären Diskussionsforum für europäische Politik gegründet hat. Europa könne mit seinem Modell vielleicht sogar eine Führungsrolle in der Globalisierung übernehmen und diese "nach europäischen Werten gestalten, mit höheren sozialen und ökologischen Standards und einer besseren Technologie".

Aiginger geht davon aus, dass die USA ihre Sanktionen gegen Russland aufheben und ein freundschaftliches Verhältnis zu Russland aufbauen werden. Europa solle auch an Russland Angebote für mehr Kooperation machen. Immerhin sei Russland ein Nachbarland Europas. Die Angebote sollten aber die europäischen Werte spiegeln, etwa die Ablehnung militärischer Interventionen oder bessere soziale und ökologische Standards.

Stärkeres Wachstum

Die angekündigten Zölle wurden der US-Wirtschaft kurzfristig zu einem stärkeren Wachstum verhelfen, sagt Aiginger. Aber dann werden die Preise steigen und die Lebenshaltungskosten vor allem für Amerikaner mit niedrigen Einkommen werden sinken. Die ärmeren Menschen wären deshalb stärker betroffen sein, weil sie viele billige, ausländische Waren kaufen. US-Firmen wiederum würden verlieren, weil sie bisher von der Kombination billiger Produktionsstätten im Ausland mit High-Tech-Produktion in den USA profitieren – die Billigproduktion in die USA zurückzuverlagern sei aber unmöglich, sagte Aiginger.

Kurzfristig werde es so aussehen, als ob die US-Wirtschaft von den Zöllen profitiere, aber der Dollar werde rasch steigen, ebenso wie die Staatsschuld. Auch werde sich längerfristig zeigen, dass die Investitionen in Öl und Schiefergas in die falsche Richtung gehen, weil es zu mehr Dürren und Wetterkapriolen kommen werde. Auch die steigende Ungleichheit werde in den USA ein Problem. "Die Trump-Wähler, die heute geglaubt haben, dass er ihnen hilft, weil er ihnen zusätzliche Arbeitsplätze bringt, werden feststellen, dass ihre Realeinkommen wegen der Inflation sinken".

Offensive Europas erwünscht

Was Amerikas Rückzug aus dem Welthandel Europa kostet, hänge davon ab, wie Europa reagiert, meint Aiginger. Wenn Europa das zu einer Offensive nutze und die Marktanteile in der Nachbarregion aber auch in Asien oder Südamerika erhöhe, "dann kostet das gar nichts". Wirklich teuer werde es für Europa hingegen, "wenn wir Trump minus 20 Prozent machen" und gleiches mit gleichem vergelten. Europa würde dann auch Chancen vergeben auf Technologieführerschaft bei erneuerbarer Energie, neuen Antreiben für KFZ und energiesparenden Bauten. Auch wenn Europa nun bei der Umsetzung des Klimaabkommens langsamer werde, würde dies Europa Kosten verursachen. (APA, 22.1.2017)