Konzernchef Harald Nograsek sieht erste Erfolge von mehr Qualität bei den Austria Trend Hotels, die zum Verkehrsbüro gehören. Nicht nur die Bewertungen seien besser, auch die erzielbaren Preise.

Foto: Robert Newald

Die Tourismuswirtschaft ist wie andere Branchen auch in Umbruch. Unternehmen, die vor wenigen Jahren noch unbekannt waren und erst durch das Internet groß geworden sind, setzen der etablierten Urlaubsindustrie und den klassischen Hotels immer mehr zu – Stichwort Airbnb oder booking.com. Für die Hotellerie gelte es, dem veränderten Reise- und Buchungsverhalten der Gäste bestmöglich Rechnung zu tragen und intelligent damit umzugehen, meint Harald Nograsek, Ex-Banker und Chef von Österreichs größtem Tourismuskonzerns Verkehrsbüro, zu dem auch die Austria Trend Hotels gehören.

STANDARD: Vor zehn Jahren gab es kaum ein Hotel mit WLAN, schon gar nicht gratis. Was wird es in zehn Jahren geben rund ums Hotel?

Nograsek: Der Fantasie kann man freien Lauf lassen. Vielleicht wird man ganze Hotels in 3-D ausdrucken. Qualitätsausweis ist das noch keiner. Der Gast wird vermehrt darauf achten, ob das Haus energiefreundlich ist, ob Rücksicht auf Natur und Umwelt genommen wurde. Dass technische Neuerungen noch dazukommen – geschenkt. Vor zehn Jahren hätte auch kein Geschäftsreisender gedacht, dass er im Hotel seinen Arbeitsplatz aufschlagen könnte.

STANDARD: Hotel ohne Rezeption?

Nograsek: Das kann sich nur durchsetzen, wenn man die kriminelle Energie in den Griff bekommt. Ein Hotel ohne Rezeption ist wie Internet ohne Aufsicht, ein Kommen und Gehen ohne Kontrolle. Ob Drogen verkauft werden, Geld gewechselt oder das Zimmer für irgendetwas anderes genutzt wird, ist dann schwer zu sagen.

STANDARD: Immer weniger Gäste wollen aber Schlange stehen?

Nograsek: Das ist ein Thema, wenn Reisegruppen eintreffen, sonst geht es heute schon rasch. Hotelgäste können auch schon eine App auf das Handy laden, sodass sie beim Betreten des Hotels vom Computer erkannt werden und an der Rezeption schon alles bereitliegt. Man sollte auch nicht unterschätzen, dass es ein Bedürfnis nach persönlicher Ansprache gibt, gerade in Zeiten, wo mit dem Internet ein Rückzug in die eigenen vier Wände zu beobachten ist.

STANDARD: Sind Vermittlungsplattformen wie Airbnb mehr Fluch oder Segen für die Hotelbranche?

Nograsek: Wenn man sieht, wie viel Wohnungen dem Markt durch Airbnb entzogen werden, ist das ein noch größeres Problem. Mieter finden immer schwerer leistbaren Wohnraum. Allein in Wien gibt es 6000 bis 8000 Wohnungen, die für Airbnb genutzt werden. Der Schaden für den Mietmarkt ist größer als für die Hotellerie.

STANDARD: Es gibt aber keine Garantie, dass diese Wohnungen dann auch vermietet werden.

Nograsek: Ich glaube schon, sonst würden sie ja leer stehen. Was uns sauer aufstößt, ist die Ungleichbehandlung. Wenn Airbnb die Ortstaxe abführt, die Daten weitergibt, damit die Finanzbehörde die Umsatzsteuer einheben kann, ist das ein erster Schritt. Trotzdem bleibt die Ungleichbehandlung, was etwa Sicherheitsauflagen und Hygienebestimmungen betrifft.

STANDARD: Airbnb ist mit einer Marktkapitalisierung von rund 30 Milliarden Dollar mehr wert als Hilton und Hyatt zusammen. Etwas müssen sie ja richtig machen.

Nograsek: Marketing.

STANDARD: Gibt es etwas, was sie von Airbnb noch lernen können?

Nograsek: Man kann lernen, wie Buchungen abgewickelt und Destinationen verkauft werden. Auch in puncto Technologie sind sie weit vorn.

STANDARD: Viele Hoteliers haben auch ein zwiespältiges Verhältnis zu Buchungsplattformen: Einerseits braucht man sie, andererseits würgt man an Provisionen von durchschnittlich 15 Prozent.

Nograsek: Die liegen sogar höher.

STANDARD: Wie ist Ihr Zugang?

Nograsek: Man muss damit intelligent umgehen und schauen, wie man selbst erfolgreich an die Kunden herankommt.

STANDARD: Haben Sie eine Strategie, wie Sie mehr Frequenz auf Ihre Hotelhomepage bringen können, um Provisionen zu sparen?

Nograsek: (lacht) Die haben wir, wollen sie aber nicht ausbreiten.

STANDARD: Ein kleines Beispiel?

Nograsek: Wir haben Vereinbarungen mit Unternehmen, denen geben wir eine Preisgarantie über das ganze Jahr. Das ist vielen mehr wert als zwischendurch ein Schnäppchen auf einem Onlineportal zu finden.

STANDARD: Sie sagten einmal, Tourismus floriere nur im Windschatten einer starken Industrie.

Nograsek: Österreich hat zum Glück noch eine gesunde Industrieentwicklung. Mit Tourismus allein wären wir Disneyland. Touristen wollen eine lebendige, unverwechselbare Stadt, keine Disneyland-Kopie.

STANDARD: Auch in Wien sieht man immer mehr 08/15-Geschäfte.

Nograsek: Es gibt aber auch sehr viele innovative Ansätze. Wir versuchen bei unseren Hotels auch das umliegende Grätzl mit einzubeziehen – auch das ein Unterschied zu Airbnb. Dort gibt es ein Zimmer und sonst nichts, bei uns gibt es Betreuung und eine Geschichte dazu. So sind wir auch aufmerksam geworden, wie viele innovative Geschäfte es in Wien gibt, die man aber nicht so kennt.

STANDARD: Sie waren ursprünglich Banker. Froh, den Sprung von einer sterbenden in eine prosperierende Branche geschafft zu haben?

Nograsek: Das Bankgeschäft ist nicht tot, es verändert sich. Es gibt zu viele Filialen, wie es auch zu viele Reisebüros gibt. Wir hatten ursprünglich 230 Reisebürofilialen, jetzt haben wir noch etwas über hundert. Diese Entwicklung ist für uns nicht neu.

STANDARD: Sie haben 2013 begonnen, die Austria Trend Hotels neu zu positionieren, um gegen Preiserosion anzukämpfen. Mit Erfolg?

Nograsek: Durchaus. Wir haben viel investiert, beim Frühstück stark auf Bio gesetzt und anderes mehr getan. Wir sind in den Bewertungen von booking.com und anderen Onlineportalen besser geworden, und das hilft uns wieder bei der Preisdurchsetzung.

STANDARD: Ihr Betreibervertrag für das Schlosshotel Lebenberg in Kitzbühel läuft im März aus?

Nograsek: Der alte Vertrag läuft aus, wir haben aber bereits einen neuen Vertrag mit den neuen Eigentümern unterschrieben und werden das Hotel zumindest ein weiteres Jahr, möglicherweise sogar zwei Jahre weiter führen können.

STANDARD: Wie haben sich die Austria Trend Hotels zuletzt entwickelt?

Nograsek: Wir haben 2016 ein Umsatzwachstum von sechs Prozent verzeichnet. Die Auslastung ist um drei Prozentpunkte auf durchschnittlich mehr als 77 Prozent gestiegen.
(Günther Strobl, 23.1.2017)