Foto: Chris Rogl

Salzburg – Am Anfang wetzt Zeus (Olaf Salzer) sein Messer, bevor die Textlawine ins Rollen kommt. Der Göttervater trägt eine Fleischerschürze, denn die Bühne im Salzburger Schauspielhaus (von Agnes Hamvas) gleicht einem Schlachthaus. Am Samstag feierte dort Wut von Elfriede Jelinek in der Inszenierung von Anne Simon Premiere. Die Literaturnobelpreisträgerin verfasste die Textflächen mit vielen Assoziationsebenen und Anspielungen, die von der Regisseurin auf knappe zwei Stunden Spielzeit gekürzt wurden, als Reaktion auf die mörderischen Anschläge in Paris, bei denen im Jänner 2015 in der Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo sowie einem koscheren Supermarkt insgesamt 16 Menschen abgeschlachtet wurden.

Woher kommt diese Wut, wie kann man sich einen Reim darauf machen, dass Terroristen im Namen eines Gottes derartige Untaten begehen? Keine leichte Aufgabe, und es verwundert nicht, dass es keine klare Antwort darauf gibt. So sinniert die Autorin (Ulrike Arp), die in einem Glaskäfig sitzt, darüber, dass man die Namen der Attentäter kennt, nicht aber die der Opfer im Supermarkt. Und dass es schon wieder Juden sind, die ermordet werden, bringt Jelinek zum Antisemitismus in unserer Gesellschaft. Von den ertrinkenden Flüchtlingen im Mittelmeer ist ebenso die Rede wie von der Rolle der Medien, schließlich filmten die Terroristen ihre Morde und stellten die Videos gleich online.

Irritierend ist in Simons Inszenierung der Einsatz der Musik: Zu den Anspielungen auf die Gefangenentorturen in Abu Ghraib kommt von der Konserve Heavy Metal – in Guantánamo zur Folter verwendet. Wenn später jeder gegen jeden kämpft, die Wut im gegenseitigen Gemetzel endet, ertönt Rage Against The Machine. In einer sehr gelungenen, satirischen Szene mit Sounduntermalung erklärt der Despot (Magnus Pflüger) detailliert die Funktionsweise des Sturmgewehrs Kalaschnikow (zu der eine "Gaskammer" gehört!), dann gibt es zu Discomusik ein Tänzchen mit der Waffe.

In den Ironisierungen funktionieren die zersplitterten Textkaskaden am besten, etwa wenn die Autorin vom Paradies spricht, das ja die Parfümerieabteilung eines Kaufhauses sei. (Gerhard Dorfi, 22.1.2017)