ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka will bei einer Reform des Wahlrechts auch die Rechte des Bundespräsidenten beschneiden.

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Wien – ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka macht Druck bei der Reform des Wahlrechts und möchte in diesem Zusammenhang auch die Rechte des Bundespräsidenten neu diskutieren. Ende der Woche findet im Parlament die Präsidiale statt, da soll unter den Klubobleuten bereits ein konkreter Fahrplan festgelegt werden.

Den Vorstoß von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) für ein Mehrheitswahlrecht lehnt Lopatka ab. "Das ist ein Modell für den starken Mann. Das kann doch demokratiepolitisch nicht gewollt sein", sagt Lopatka im Gespräch mit dem STANDARD. "Gerade in unsicheren Zeiten wie diesen bin ich sehr dafür, dass jede Wählerstimme auch eins zu eins so im Nationalrat abgebildet wird." Da es von den Grünen, den Freiheitlichen und den Neos ohnedies keine Unterstützung für ein Mehrheitswahlrecht und damit auch keine Zweidrittelmehrheit gebe, brauche man Kerns Vorstoß gar nicht erst diskutieren, meint Lopatka.

E-Voting für Auslandsösterreicher

Was der VP-Klubchef vorantreiben will, ist die Einführung eines vorgezogenen Wahltags, wie es ihn etwa in der Steiermark und im Burgenland bereits gebe, auch auf Bundesebene. "In der Steiermark wird dies sehr gut angenommen. Damit könnte die Wahlbeteiligung gestärkt werden." Über das Wahlkartensystem müsse man jedenfalls reden, auch wenn sich Lopatka gegen eine Einschränkung der Briefwahl ausspricht, wie sie sich SPÖ und FPÖ vorstellen können.

Einen Vorstoß macht Lopatka für die Einführung von E-Voting, dieses System sollte in einem ersten Schritt für Auslandsösterreicher eingeführt werden. Gerade bei diesen habe es große Probleme mit der Briefwahl gegeben, es habe sich gezeigt, dass der Postweg im Ausland unzuverlässig sei und zu großen zeitlichen Verzögerungen geführt habe.

Lopatka sieht vorerst keine Notwendigkeit, die elektronische Stimmabgabe auch im Inland einzuführen, darüber könne man später diskutieren, wenn man Praxiserfahrung bei den Auslandsösterreichern gesammelt habe.

Begnadigungsrecht abschaffen

Was die Rechte des Bundespräsidenten betrifft, tritt Lopatka vehement für eine deutliche Einschränkung von dessen Befugnissen ein. Es sei nicht einzusehen, warum der Bundespräsident der Einberufung des Nationalrats zustimmen müsse, dieser solle sich auch selbst einberufen können. Auch dass gewählte Landeshauptleute noch durch den Bundespräsidenten angelobt werden müssen, sei nicht mehr nachvollziehbar. Die derzeit vorgeschriebene Prüfung und Beurkundung von Bundesgesetzen durch den Bundespräsidenten sei ebenfalls nicht sinnvoll. Laut Lopatka führe das nur zu einer Verzögerung der Beschlüsse.

Als weitere Beispiele führt der ÖVP-Klubobmann das Begnadigungsrecht des Bundespräsidenten oder die Möglichkeit, uneheliche Kinder zu ehelichen zu erklären, an. Diese Befugnisse seien nicht mehr zeitgemäß.

Anachronistische Rechte

Eine Debatte möchte Lopatka auch über die Befugnisse des Bundespräsidenten als Oberbefehlshaber des Bundesheeres führen. Dass sich der Bundespräsident als Schutzherr des Bundesheeres verstehe, sei zwar in Ordnung, die konkreten Befugnisse in diesem Rahmen müssten aber hinterfragt werden. "Mir ist bewusst, dass das ein heikles Thema ist, aber wir sollten diese Fragen ernsthaft zur Diskussion stellen. Manche Rechte sind anachronistisch."

Lopatka beruft sich dabei auch auf Alexander Van der Bellen, der sich ebenfalls für eine Einschränkung der Rechte des Bundespräsidenten ausgesprochen habe. (Michael Völker, 22.1.2017)