Schräge Typen in der ATV-Reportage "Aussteiger und Systemverweigerer".

Foto: ATV

Das Fernsehen ist fies. Es lässt die bösen Szenen drin und gibt seine Protagonisten mit Vergnügen der Lächerlichkeit preis. Oft genug sind diese selbst daran schuld, gewiss.

Man möchte allerdings nie und nimmer in einer ATV-Reportage vorkommen! Nur bei Elizabeth T. Spira steigt man noch schlechter aus. Steht – wie heute Montag (22:25) – Aussteiger und Systemverweigerer drüber, rücken Menschen ins Bild, die am Ende (mit einer Ausnahme) wie Kasperl wirken.

Da wäre das "Tree of Life"-Festival auf dem niederösterreichischen Gehöft von Gertrude Stein (eine andere!). Hier tummeln sich bunt gekleidete Menschen im Freien, um das Leben auf dem Blauen Planeten zu feiern und sich auszutauschen über alternative Lebensformen.

Ja, in schwierigen Zeiten, in denen Systeme ihre Bruchlinien offenbaren, beginnt die Sehnsucht nach einer besseren Welt eben zu wachsen. Im Regen tanzen und das Kind Kind sein lassen, ja warum denn nicht!? Und wer das nicht ohnehin macht, kann das gern auch bei einem dementsprechend übertitelten Festival tun.

Neben der Hippie-Party sind es noch der umstrittene "Freeman"-Guru Joe Kreissl, der sich vom Staat losgesagt hat und mit Gitarre und seinen verschuldeten Jüngern am Mondsee der Steuerpflicht ein Liedchen pfeift. Oder ein Queer-Festival am Hochkönig, das in gleicher Weise der Leidenschaft des Crossdressings wie dem Sound of Music frönt. Schuhfabrikant Heini Staudinger passt mit seiner grundsoliden Kleidung und seiner grundsoliden Finanztheorie da gar nicht dazu, aber die Öffentlichkeit sei ihm gegönnt.

Es geht der Reportage weniger um ernsthafte Alternativ-Ansätze (z. B. Gemeinwohlökonomie) als um den Gratiswitz unbeirrt frohlockender "Freidenker". Und seien sie nur Teilzeit-Freidenker, die nach dem Wochenende eh wieder brav ins Büro kommen. (Margarete Affenzeller, 23.1.2017)